Home
Romane
Vita
Projekte
News
Impressum

Peakoil Reloaded

Kapitel 11


  
Im letzten Moment gelang es Alice, sich an einer Stange fest zu halten. Sie konnte kaum noch etwas erkennen. Was ist das für ein Abgrund? Warum habe ich vorher nichts davon mitbekommen? Oh je, was ist mir schummrig.

"Brauchen Sie Hilfe?"

Ob der mich meint? Augen auf, Mädel! Hingucken was da los ist!

Mit einiger Mühe gelang es Alice, ihre Augen wieder zu öffnen. Sie versuchte, ihre Umgebung zu erkennen, ohne dass ihr gleich wieder schwindelig wurde. Doch sie sah alles nur verschwommen.

"Hallo, Sie da oben! Soll ich Ihnen beim Aussteigen helfen?"

"Aussteigen? Ja, ich will aussteigen", stieß Alice hervor.

Sie spürte, wie Hände nach ihr griffen, fühlte Stufen und dann knirschte Schotter unter ihren Füßen. Sie sah die Landschaft und um sie herum lauter Menschen und Eisenbahnwaggons, doch das bedeutete ihr alles nichts. Der Himmel war blau. Das war das Einzige, was sie bewusst wahrnahm. Treiben lassen, einfach treiben lassen. In den schönen blauen Himmel.

Dann fand sie sich plötzlich auf dem Boden wieder, mit den Füßen nach oben. Ein freundliches Gesicht sah auf sie herab.

"Geht es jetzt wieder?"

"Ja, geht gut!" brachte Alice kloßig hervor und war erstaunt über ihre eigene Stimme. "Was n los?"

"Sie haben einen Schock. Das Zugunglück war wohl zuviel für Sie. Waren Sie nicht auch die Frau, die dem einen Verletzten ewig lange die Schlagader abgedrückt hat?"

"Verletzter? Ja, hat geblutet."

"Ok, ich sehe schon, Sie fangen sich wieder. Wie heißen Sie?"

"Heißen? Alice Schafferer. Ja, so heiße ich!"

"Ok, alles klar. Ich muss mich jetzt um andere kümmern. Neben Ihnen steht eine Wasserflasche. Sie sollten etwas trinken, wenn Sie sich wieder besser fühlen."

"Ok, alles klar!"

Hier liegen is gut. Nur ein bisschen kalt isses. Noch eine Weile die Augen schließen, dann geht es mir bestimmt bald wieder besser. Mit geschlossenen Augen spürte Alice das Blut in ihrem Körper rauschen. Ihr Herz schlug schnell. Schneller als sonst. Nach einer Weile sah sie wieder die Situation mit dem blutenden Verletzten vor sich. Wie konnte ich ihm nur so lange helfen, wo ich doch jetzt hier hilflos auf dem Boden liege? Ist so ein Schock? Ist ja eigentlich ganz praktisch, denn wenn ich vorhin schon schlapp gemacht hätte, dann wäre der Mann verblutet. Erstaunlich sowas! Ich probier mal, ob ich mich wieder aufsetzen kann.

Alice öffnete die Augen und hob ihren Kopf. Es ging. Dann setzte sie sich auf, doch dabei wurde ihr wieder schwindelig. Dennoch hatte sie die Wasserflasche erspäht, die neben ihr stand. Halb liegend öffnete sie die Flasche und trank ein paar Schlucke. Dabei goss sie sich eine Menge kalter Flüssigkeit über den Ausschnitt, doch das belebte ihre Lebensgeister. Sie trank noch mehr und atmete anschließend tief ein und aus. Dann versuchte sie erneut, sich auf zu setzen. Es klappte, ohne dass ihr schwindelig wurde.

Danach war das Trinken einfacher und wenige Minuten später konnte Alice die Umgebung halbwegs klar wahrnehmen. Überall lagen oder saßen Menschen auf dem Boden. Zwischen ihnen eilten Helfer umher. Mehrere Zugwaggons waren umgefallen und lagen auf der Seite, andere standen auf den Gleisen, als wäre nichts geschehen. Bei den umgefallenen Waggons standen Feuerwehrautos und man konnte Schneidbrenner in Aktion erahnen. Weiter unten standen Krankenwagen in Reih und Glied hintereinander. Sanitäter mit Tragen eilten darauf zu und beluden sie mit Verletzten. Ein Krankenwagen nach dem anderen fuhr davon und machte Platz für nachfolgende.

"Wie war es für Sie, den Schwerverletzten zu retten?"

Alice drehte sich zu der Stimme um und sah das Objektiv einer Kamera auf sie gerichtet. Ein dickes Mikrofon fuchtelte vor ihrer Nase rum.

"Hä?" war alles, was Alice einfiel.

"Sie haben doch den Schwerverletzten im Zug gerettet, oder? Wie war das für Sie? Was haben Sie dabei empfunden?"

Alice starrte den Fragenden an und wusste nicht, was sie sagen sollte. He, Mädel, das ist jetzt das Fernsehen. Sag was Schlaues! Aber was?

"Scheiße!" entfuhr ihrem Mund, bevor sich Alice entschieden hatte, was sie sagen wollte. Das wars jetzt wohl mit meiner Heldenkarriere! Oh Mann, da kommt einmal das Fernsehen und du sagst "Scheiße". Sowas von bescheuert! Alice schlug die Hände vor ihrem Gesicht zusammen, um sich zu verstecken. Sie bemerkte kaum die Tränen, die wieder aus ihren Augen flossen. Ihr war auch egal, dass ihre Schultern zuckten.

Als sie ihre Augen wieder freigab, war der Fernsehreporter weiter gezogen. Sie trank noch mal etliche Schlucke aus der Wasserflasche und fühlte sich gleich etwas besser. Dann fiel ihr ihr Gepäck ein und sie blickte sich suchend um. Sie fand ihre Tasche direkt neben sich.

Vielleicht sollte ich zu Hause anrufen und Mami sagen, dass ich unverletzt bin. Wenn schon die Reporter hier rumstrolchen, kommt das Unglück bestimmt bald im Fernsehen. Sie öffnete ihre Tasche und suchte nach ihrem Handy. Als sie es gefunden hatte, wählte sie die Nummer ihrer Eltern.

"Hallo, ich bin's, Alice", sagte sie, als ihre Mutter sich meldete.

"Du bist es? Oh, was bin ich froh. Geht es dir gut?"

"Ja, mir geht es gut."

"Du klingst aber so merkwürdig. Warst du in dem Zug, der den Unfall hatte? Wir haben es eben erst im Fernsehen gesehen und sind fast umgekommen vor Sorge."

"Keine Sorge! Nicht verletzt. Schock, hat der Eine gesagt. Ich bin irgendwie wie besoffen, is aber nicht schlimm."

"Wie besoffen? Wie seltsam! Hauptsache du bist nicht verletzt. Schaffst du es denn heute noch nach Hause?"

"Nach Hause? Ja, ich hoffe doch. Mir gehts bestimmt bald wieder gut. Dann komme ich. Ich melde mich wieder, wenn ich mehr weiß."

"Oh, meine Kleine! Ich bete für dich. Komm bald heim!"

"Ja Mami! Bis bald!" beendete Alice das Gespräch.

Heim kommen? Heim kommen! Ob ich das wohl schaffe? Schwindelig ist mir kaum noch. Versuchen wir es mal mit Aufstehen. Ok, geht. Wann hier wohl der nächste Zug kommt? Alice ließ ihren Blick über das Gelände schweifen. Dabei sah sie, dass einer der Strommasten umgeknickt war. Die Stromkabel waren zerissen und reichten bis auf den Boden. Ob das wohl gebritzelt hat, als sie zu Boden fielen? Sie sah unzählige Filmszenen vor sich, bei denen Stromkabel beim Bodenkontakt Funken schlugen. Das sieht nicht so aus, als ob hier bald wieder Züge fahren würden. Und Busse? Dafür fehlt bestimmt der Sprit. Ganz sicher fehlt
dafür der Sprit! Dann muss ich wohl nach Hause laufen. Ach Quatsch! So ganz richtig ticke ich wohl immer noch nicht. Wird Zeit, dass ich wieder fit werde. Bis Karlsruhe laufen reicht bestimmt. Das war doch gar nicht mehr so weit entfernt. Ob man sich hier irgendwie abmelden muss? Sieht nicht so aus. Hier wuseln alle durcheinander. Also mache ich mich einfach mal auf den Weg.


Alice schulterte ihre Tasche und verließ den Bereich der Schienen. Neben den Bahngleisen verlief eine Straße. Dort standen auch die ganzen Krankenwagen.

"Wo gehts denn hier nach Karlsruhe?" fragte Alice einen der wartenden Fahrer.

"Immer geradeaus, mein Frollein. Aber Sie wollen doch nicht im Ernst zu Fuß nach Karlsruhe gehen?"

"Wie sonst? Sie fahren mich doch bestimmt nicht hin, oder?"

"Nein, ich muss natürlich hier warten, bis Verletzte eingeladen werden."

"Eben! Danke für die Auskunft!"

Alice setzte sich in die Richtung in Bewegung, die ihr der Fahrer gezeigt hatte. Mit jedem Meter, den sie lief, fühlte sie sich wieder normaler und kräftiger. Schließlich erreichte sie eine Kreuzung. Dort stand ein Schild mit der Aufschrift "Karlsruhe 20 km".

Peakoil Reloaded

Twilight in the Desert. The Coming Saudi Oil Shock and the World Economy
von Matthew R. Simmons

Jenseits des Ölgipfels
< <   > >

1  2  3  4  5  6  7  8  9  10  11  12  13  14  15  16  17  18  19  20  21  22  23  24  25  26  27  28  29  30  31  32  33  34  35 

Peakoil Reloaded
Peakoil Reloaded

136 Seiten
ISBN 3-938764-00-7

Preis: 14.80 Euro

Bestellen...