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Peakoil Reloaded

Kapitel 8


  
Die Hoffnung hatte nicht getrogen. Schon nach wenigen Tagen wurde eine große Rolle der organischen Solarzellen geliefert. Die Techniker rauften sich die Haare, denn sie waren an starre Materialien gewöhnt und das neue Material war auf flexible Folie aufgedampft worden. Daher mussten die Halterungen umkonstruiert werden.

Das Gestöhne der Techniker hörte Alice nur bei den Mahlzeiten. Den Rest des Tages schwebte sie fast im siebten Himmel, denn jetzt konnte sie den wütenden Kunden eine Alternative bieten, anstatt sie nur zu vertrösten. Den meisten Kunden war das neue Angebot zunächst suspekt und sie lehnten ab. Das freute Alice jedoch ganz besonders, denn die eine Rolle reichte nur für wenige Kunden. Also verlängerte jeder ablehnde Kunde die Zeit, in der Alice eine Alternative anzubieten hatte. Und allein schon das neue Angebot besänftigte die Kunden enorm, selbst wenn sie es nicht annahmen.

Doch leider war die Rolle Solarmaterial nach einer Woche restlos verbraucht, und Alice musste wieder auf die übliche Weise vertrösten. Immerhin hatte die Verkaufsabteilung aufgehört, eine schnelle Lieferung zuzusagen; auch das war eine spürbare Erleichterung.

Ihre nicht ausgezahlte Gehaltshälfte hatte Alice nicht in Firmenanteile angelegt, denn sie sah der Firmenzukunft skeptisch entgegen. Dennoch musste sie mit der Hälfte des Geldes auskommen und die reichte gerade mal für ihre Miete. Gegessen wurde in der Firma und wenn sie abends zu Hause noch Hunger hatte, gab es bestenfalls Toastbrot mit Marmelade, denn das war billig. Auch Kino, Disco und Restaurantbesuche wurden gestrichen. So saß Alice nach Dienstschluss jetzt meistens vor dem Fernseher. Vom Radeln und den ewigen Kundengesprächen war sie sowieso meistens zu müde, um etwas zu unternehmen.

So schreckte es Alice aus ihrem eintönigen Tagesablauf, als Susanne sie zu einem Kochevent mit Freunden einlud. Früher wurden bei solchen Gelegenheiten meistens teure Edelzutaten verarbeitet, denn man wollte sich gegenseitig zeigen, wie gut es einem ging. Dieses Treffen stand unter dem Motto "Billig, aber lecker".

"Sag mal Alice, wäre es möglich, dass du Martin unter deine Fittiche nimmst. Der kann nämlich gar nicht kochen und wir haben schon drei andere, die nur Wein mitbringen."

"Martin? Ist das nicht einer von den Technikern, die die ganze letzte Woche gejammert haben, weil sie ihr Verfahren umstellen mussten?"

"Ja, der ist es. Aber normalerweise ist der eigentlich ganz nett. Du wirst schon sehen."

"Na gut, will ich mal nicht so sein. Wieviel Leute kommen denn?"

"Zwischen zehn und zwölf. Bitte gib mir möglichst bald Bescheid, was ihr kochen wollt, damit ich das Menü planen kann."

"Ok, irgendwelche Wünsche oder Vorschläge?"

"Eine deftige Vorspeise wäre nicht schlecht."

"Alles klar. Dann stell dich mal auf eine Vorspeise mit Gemüse ein. Die Details sage ich dir dann, wenn ich weiß, was er wird."

"Wunderbar, du bist ein Schatz!" Susanne gab Alice einen Schmatzer auf die Wange und zog zu ihrem nächsten Opfer.

Mit leichtem Widerwillen sprach Alice bei der nächsten Gelegenheit Martin an.

"Gerne beteilige ich mich an den Kosten. Aber ich hoffe, dass es nicht allzu teuer wird. Du weißt schon, wegen der halben Gehaltszahlung."

"Wahrscheinlich wird es bezahlbar bleiben. Auch ich bin zur Zeit ziemlich knapp bei Kasse. Kannst du denn wenigstens ein bisschen beim Kochen helfen?"

"Na ja, Gemüseschnippeln wird wohl gehen. Das musste ich schon öfters machen."

Den ganzen Abend über grübelte Alice nach, was sie anbieten wollte. Es sollte lecker, ausgefallen und billig sein, gar nicht so einfach in dieser Kombination. Sie durchstöberte das Internet nach Anregungen, fand aber nichts, was sie eins-zu-eins umsetzen wollte. Doch sie fühlte sich immer inspirierter und dann fiel ihr schließlich kurz vor dem Insbettgehen ein, dass ihre Mutter früher öfter Gemüsetorte gebacken hatte. Das ist die Lösung! Es gibt Gemüsetorte.

Am Tag der Party eilte Alice nach Dienstschluss in einen Supermarkt und kaufte Mehl, Hefe, Reibekäse, Eier, Sahne, Zwiebeln, Karotten und Lauch. Da sie besonders auf die Preise geachtet hatte, musste sie tatsächlich nur wenig Geld an der Kasse lassen.

Anschließend machte sie sich zuhause noch ein wenig zurecht und fuhr dann mit ihren Einkäufen und einer Backformen im Fahrradkorb zum Austragungsort der Koch-Party.

Martin machte große Augen als er sah, wieviel Alice eingekauft hatte.

"Und, wieviel bin ich dir schuldig?" man sah ihm an, dass er sich vor der Preisangabe grauste.

Alice nannte den Preis und Martin schaute sie zweifelnd an: "Was? Nur so wenig? Das ist ja weniger als ein halbes Päckchen Zigaretten. Das ist nicht dein Ernst? Für den Gegenwert einer Zigarettenpackung hast du diesen ganzen Korb voll gekauft? Das kann ich ja kaum glauben. Ich dachte, es kostet fünf bis zehnmal so viel."

"Tja, dann solltest du lernen, preiswert einzukaufen", sagte Alice trocken und grinste dabei. Sie steckte das Kleingeld, das Martin ihr zusteckte, in ihr Portenmonnaie und sonnte sich in Martins bewundernden Blicken.

Ist ja nett, wie er staunt, aber irgendwie ist der Typ der volle Idiot. Hoffentlich kann er Karotten schnippeln.

Er konnte, wenn er auch Äonen für jedes Karöttchen brauchte. Der Rest blieb an Alice hängen. Statt der geplanten zwei Gemüsetorten wurden es schließlich sogar drei und die Gäste rieben sich stöhnend die vollen Bäuche, als sie die Torten verputzt hatten.

Martin war im Verlauf der Party um mindestens zwei Zentimeter gewachsen, so stolz war er auf seine Teilnahme an den erfolgreichen Gemüsetorten. Na ja, soll er ruhig stolz sein. Immerhin hat er tapfer das Gemüse geschnitten. Ich bin ja schließlich auch ganz stolz auf den Erfolg, den wir mit den Torten hatten. Und ich kann mich kaum noch rühren, so satt bin ich.

Auch die anderen Gäste schienen vom vielen Essen müde zu werden, denn die Party löste sich schon ziemlich bald auf.

"Willst du noch mit zu mir kommen?" fragte Martin und blies Alice seinen verrauchten Atem in die Nase.

"Ne danke, ich fahr lieber nach Hause."

"Schade, vielleicht ein anderes Mal?"

"Eher nicht, mach dir bloß nicht zuviel Hoffnung."

Man konnte Martin seine Enttäuschung ansehen, als er sich auf den Heimweg machte.

Ich lass mich doch nicht so einfach verkuppeln. Nur weil einer nicht selbstständig kochen kann. Pah!

Peakoil Reloaded

Beyond Oil: The View from Hubbert's Peak
von Kenneth S. Deffeyes

Jenseits des Ölgipfels
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Peakoil Reloaded
Peakoil Reloaded

136 Seiten
ISBN 3-938764-00-7

Preis: 14.80 Euro

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