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Peakoil Reloaded

Kapitel 9


  
Am nächsten Morgen lag eine Rose auf Alices Arbeitsplatz. Ein ziemlich mickriges, blassgelbes Exemplar, aber dennoch unverkennbar eine Rose. Alice schwante sofort, von wem die Rose war. Oh nein, nicht auch noch sowas! Und wie Susanne kichert.

"Hast du gesehen, wer die Rose hier hingelegt hat?"

"Nicht direkt, aber ich sah ihn rausgehen als ich kam. wie lustig du aussiehst: als hättest du bittere Medizin im Mund."

"Du hast gut lachen. Du hast ja nicht so einen Verehrer an der Backe. Solchen Typen darf man nicht mal die Spitze des kleinen Fingers zeigen, sonst fressen sie einen gleich mit Haut und Haaren. Warum habe ich mich nur darauf eingelassen mit ihm zusammen zu kochen? Ich hätte es vorher wissen können. Aber nein: vor lauter Höflichkeit habe ich mich nicht getraut abzulehnen."

"So schlimm ist er doch gar nicht."

"Dieser unkultivierte Trampel, der sich an den Erfolg von anderen dranhängen will. Nein danke! Hier: nimm du das Blümchen und den Verehrer kriegst du gleich noch dazu. Siehste, du willst auch nicht. Ich geh das jetzt zu klären und hoffe, dass es nicht schon zu spät ist."

Alice stürmte in die Halle der Techniker und baute sich drohend vor Martin auf, ungeachtet der Tatsache, dass dieser sie um Haupteslänge überragte. Sie drückte ihm die Rose in die Hand.

"Danke für das Blümchen, aber ich will sowas nicht. Mach dir keinerlei Hoffnung auf mich."

"Aber wir könnten doch einfach mal ganz freundschaftlich ausgehen."

"Nein, können wir nicht. Wir sind Kollegen und damit basta. Und Tschüss!"

Im Gang wurde sie von Susanne abgefangen, die sich die Szene nicht hatte entgehen lassen wollen.

"Du bist ja die reinste Furie. Das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Dabei hat der arme Kerl dir doch gar nichts getan."

"Noch nicht, aber wenn ich nicht sofort einen Riegel vorgeschoben hätte, dann hätte der sich an mich gehängt wie eine Klette. Ich kenn solche Typen."

"Bist du nicht manchmal einsam, so alleine?"

"Ne, bin ich nicht. Zumindest nicht so sehr, dass ich mich auf solche Männer einlassen würde. Ich kann mich recht gut selbst beschäftigen. Wie ist es denn mit dir? Bist du manchmal einsam?"

"Schon. Ein lieber Freund würde mir gut gefallen."

"Na dann, greif zu! Der Martin ist jetzt bestimmt trostbedürftig."

"Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen. Aber dass du so knallig durchgreifst....", Susanne schüttelte den Kopf bis beide wieder in ihrem Büro saßen.

Das Geschäft lief wieder wie zuvor: vertrösten, vertrösten, vertrösten. Alice sehnte die viel zu kurzen Tage mit den organischen Solarzellen wieder herbei. Die Geschäftsleitung berichtete mit blumigen Beschönigungsworten, dass die Banken sich bisher nicht auf einen Kredit zum Einstieg in eine Produktionsfirma eingelassen hatten. Stattdessen wurden alle Mitarbeiter wieder und wieder ermuntert, ihr Geld in die Firma zu stecken. Alice widerstand der Verlockung, obwohl alle psychologischen Tricks angewandt wurden.

Ostern näherte sich und die Firmenleitung empfahl allen Mitarbeitern, die noch Resturlaub hatten, diesen in der Osterwoche zu nehmen, denn an Auszahlung war nicht zu denken. Die Firma würde über Ostern nur im Notbetrieb laufen. Alice freute sich auf den Urlaub, denn bei dieser Gelegenheit konnte sie ihren Eltern etwas ausgiebiger im Garten helfen als bei ihrem letzten Besuch. Für den Kartoffelanbau war das gerade noch rechtzeitig.

Die Bahn warb in allen Medien damit, dass sie für die Osterferien eine Menge Sonderzüge fahren lassen wollte, damit jeder, der wollte, mit dem Zug an ein Ziel seiner Wahl kommen konnte. Alice freute sich sehr über dieses Angebot, denn dadurch erhoffte sie sich eine Chance auf einen flotteren Zug. Tatsächlich ergatterte sie noch eine der letzten Platzkarten für einen Sonderzug am Montag vor Ostern. Nur auf der kurzen Strecke ab Freiburg würde sie wieder den Bummelzug nehmen müssen.

Die letzten Tage vor dem Urlaub verliefen im gewohnten Vertröstungstrott. Vor den Feiertagen war nicht mehr mit Lieferungen zu rechnen, aber für Mai wurde eine größere Menge der organischen Solarzellen angekündigt. Es bestand also eine gewisse Hoffnung, dass sich die Situation nach dem Urlaub bessern würde.

Auf diese Reise nahm Alice eine größere Reisetasche mit, denn sie wollte ja länger unterwegs sein. Einen Koffer verkniff sie sich jedoch, weil sie an den Transport vom Bahnhof in ihr Elternhaus dachte. Schwerbepackt stand sie also am Abreisetag am Bahnhof und wartete auf ihren Zug. Wegen der vielen Sonderzüge war auf dem Bahnhof ein leichtes Chaos ausgebrochen und Alice musste zweimal den Bahnsteig wechseln, bis sie schließlich dort stand, wo der Zug einfahren würde.

Dann war es endlich soweit. Die Ansagestimme ließ die Reisenden von der Bahnsteigkante zurücktreten und der Zug rollte heran. Alices Waggon hielt natürlich an einer ganz anderen Stelle als sie erwartet hatte und obwohl sie auf dem Bahnsteig ein Stück in die richtige Richtung rannte, musste sie zwei Wagen vor ihrem eigentlichen Zielwaggon einsteigen. Also hieß es, sich innerhalb des Zuges durch das Menschengedränge quetschen und das auch noch mit der dicken Reisetasche. Der Zug war inzwischen abgefahren und warf Alice mehrmals fast um. Schritt für Schritt kämpfte sie sich an den Passagieren vorbei, die ohne Platzreservierung mitreisten und stehen mussten. An einigen Stellen zweifelte sie ernsthaft, ob sie es jemals bis zu ihrem Platz schaffen würde.

Doch dann erreichte sie ihren Waggon und stand schließlich vor ihrem reservierten Platz. Dort saß schon ein junger Mann. Als Alice ihn aufforderte, sich zu erheben, schaute er Alice zuerst völlig verständnislos an. Dann schien er sich weigern zu wollen, doch als Alice ihm ihre Platzreservierung vor die Nase hielt und ihren Zickenblick aufsetzte, machte er zügig Platz und verschwand im Gedränge.

So geschmeidig wie möglich glitt Alice an ihrem Sitznachbarn vorbei auf ihren Fensterplatz. Für ihre Reisetasche hatte sie keinen Stauraum gefunden, daher nahm sie sie auf ihren Schoß. Ist auch am diebstahlsichersten, auch wenn es unbequem ist. Wie gut, dass der Inhalt weich ist, außer meinem Schmöker, und den will ich jetzt sowieso lesen.

Sie lehnte sich bequem zurück und nahm ihre Reiselektüre zur Hand. So lässt es sich reisen. Am liebsten würde ich einfach bis Freiburg durchfahren, aber leider droht in Karlsruhe das Umsteigen. Ist aber immer noch deutlich besser als auf der letzten Fahrt. Was Mami mir wohl diesmal kredenzen wird? Ich freue mich so richtig auf die zwei Wochen zu Hause. Wenn das Buch nicht so spannend gewesen wäre, wäre Alice fast eingeschlafen, denn der ratternde Rhythmus der Zugfahrt wirkte sehr entspannend auf sie.

Ein gewaltiger Bremsruck riss Alice aus ihren verträumten Gedanken. Ihr Buch flog ihr aus der Hand und sie knallte mit voller Wucht, nur gebremst durch ihre Reisetasche, gegen den Sitz ihres Vordermannes. Ein ohrenbetäubender Knall vermischte sich mit Bremsquietschen und menschlichen Schreien.

Das totale Chaos war ausgebrochen.

Peakoil Reloaded

Wenn der Wüste das Öl ausgeht. Der kommende Ölschock in Saudi-Arabien - Chancen und Risiken
von Matthew R. Simmons

Jenseits des Ölgipfels
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Peakoil Reloaded
Peakoil Reloaded

136 Seiten
ISBN 3-938764-00-7

Preis: 14.80 Euro

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