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Peakoil Reloaded

Kapitel 22


  
Als Alices Rücken genug vom Bücken für diesen ersten Tag hatte, beendete Alice das Jäten, stand auf und drückte ihr Kreuz durch, um die Verspannungen zu lindern. Dann nahm sie die mitgebrachte kleine Wanne, in der sie die Ernte unterbringen sollte.

Die Gurkenpflanzen waren fast so hoch wie in Alices Traum, doch sie schlugen nicht nach ihr als sie sich ihnen näherte. Aber die Blätter zerkratzten ihr schmerzhaft die Arme, als sie nach den Früchten griff, um sie abzuschneiden. Auch die Zucchinipflanzen hatten aggressive Blätter und die Stellen, wo die Zucchinis an den Pflanzen hingen, waren so dick, dass Alice sie mit ihrem Messer richtiggehend absäbeln musste. Fast wie im Traum, wenn auch nicht gar so bedrohlich.

Nur die Tomatenpflanzen verhielten sich Alice gegenüber friedlich. Sie waren übervoll mit leuchtend roten Früchten und rochen intensiv nach den Tomatenstengeln. Auch grüne Tomaten hingen noch reichlich an den Trauben; die ließ Alice hängen. Als Alice alles geerntet hatte, was sie für dringend hielt, war die Wanne schon übervoll und kaum noch zu heben. Im Vorbeigehen sah Alice, dass auch die Buschbohnen voll erntereifer Schoten hingen. Da werden wir noch viel zu tun haben. Wie Mami das alleine schaffen wollte, ist mir ein Rätsel. Hier wird mir die Arbeit bestimmt nicht so schnell ausgehen. Hoffen wir, dass sie mich auch ernährt.

Alice trug die Wanne in die Küche und fand diese verwaist vor. Auf der Arbeitsfläche stand eine ganze Batterie Schraubdeckelgläser, die anscheinend gerade frisch aus der Spülmaschine kamen und vor Sauberkeit nur so blitzten. Von Alices Mutter keine Spur. Alice vermutete ihre Mutter in der Tankstelle und ging dort hin.

Schon vor der Tankstelle sah Alice vollbesetzte Bierbänke. Die meisten der Sitzenden aßen eine wohlduftende Mahlzeit. Einige der Menschen kannte Alice von früher, teilweise waren es sogar Nachbarn. Alice begrüßte sie herzlich, war aber froh, dass keiner der Anwesenden anfing, viele Fragen zu stellen. Einer fragte kurz, ob sie jetzt wieder da sei und als Alice das bestätigte, wandten sich die Gäste wieder ihren Tellern zu.

Auf dem Weg nach drinnen strömten Alice mehrere neue Gäste entgegen. Auch im Innenraum hatte sich die Tankstelle deutlich verändert. Sie sah mehr denn je wie ein Tante Emma Laden aus. Im vorderen Bereich standen mehrere Kisten mit Gemüse aus dem Garten, dahinter in den Regalen stapelten sich Nahrungsmittel in Tüten und Gläsern. Die Honiggläser wirkten wie handbeschriftet. Bei näherem Hinschauen schien das bei mehreren der Verpackungen der Fall.
Hinterm Tresen entdeckte Alice ihre Mutter, die kaum mit der Ausgabe der Mahlzeiten hinterher kam. Vor dem Tresen warteten noch etwa zehn Menschen in der Schlange. So voll hatte Alice den Laden schon lange nicht mehr gesehen.

"Hallo Mami, soll ich dir helfen?"

"Ja, das wäre prima. Du könntest kassieren."

Alice arbeitete sich an der Schlange vorbei und stellte sich zur Kasse. Zuerst war es etwas ungewohnt, zu kassieren, doch schnell hatte sie den Bogen wieder raus. Als Alice klar wurde, wie billig das Tagesgericht war, wunderte sie sich nicht mehr über den Andrang. Mit Alices Hilfe schrumpfte die Warteschlange schnell zusammen und versiegte dann vollends.

"So, jetzt haben wir ein paar Minuten Zeit zum schwätzen, bevor wir die Teller einsammeln müssen. War's gut im Garten?"

"Ja, war gut. Ihr seid jetzt hier vollends unter die Restaurantbesitzer gegangen, wenn mich nicht alles täuscht."

"Das wohl nicht, eher machen wir Schnellimbissen Konkurrenz, denn mit gepflegtem Ambiente können wir ja nicht dienen. Der Preis bringt den Erfolg und dass es gute Hausmannskost ist. Da haben die Gäste das Gefühl zu essen wie bei Muttern."

"Du bist ja auch die beste Mutter der Welt", Alice war erfreut, welches Strahlen angesichts dieses Kompliments über das angespannte Gesicht ihrer Mutter zog. "Der Preis ist aber tatsächlich sensationell. Lohnt sich das denn?"

"Die Masse machts. Wir kaufen günstig ein und nehmen Saisongemüse aus dem Garten. Die Zusatzeinnahmen helfen uns, einigermaßen über die Runden zu kommen, wenn auch nur knapp. Tanken kann man hier ja nur noch zu besonderen Gelegenheiten. An solchen Tagen fällt dann das warme Essen aus", das Lächeln von Alices Mutter verbreiterte sich zu einem Grinsen und es fehlte nicht viel und sie hätte sich vergnügt die Hände gerieben.

Ein Kunde kam und kaufte ein Glas Honig. "Produziert von deinem Großonkel aus dem Nachbardorf", erklärte Alice Mutter, nachdem Alice kassiert hatte und der Kunde wieder draußen war.

"Aha, ihr seid jetzt eine Art Schaltstelle für den Handel mit regionalen Produkten."

"Gut erkannt! Man muss sich nur umhören, dann findet man Viele, die etwas herstellen aber mit der Vermarktung Probleme haben. Und Supermärkte sind für solche Produkte kaum geeignet, weil die an ihre Lieferanten gebunden sind. So, jetzt beginnt das Abräumen."

Die ersten Gäste betraten den Laden mit ihren leeren Tellern. Andere verließen die Tische vor der Tür, ohne ihre Teller abzuliefern. Alice ging nach draußen und übernahm das Abräumen, während ihre Mutter drinnen das Geschirr vorreinigte und in die Spülmaschine stellte.

"Haben die Schafferers sich wohl endlich eine Mitarbeiterin geholt? Und dazu noch so eine schmucke", ein Gast, der Alice unbekannt war, konnte sich offensichtlich kaum zurückhalten, Alice in den Hintern zu kneifen.

"Ja kennst du denn die Tochter des Hauses nicht?" wies ein altvertrauter Gast den Fremden hin. "Na, kleine Alice! Hats dir in der fernen Stadt nicht mehr gefallen?"

"Stimmt! Hier ist es einfach am besten."

Alices Antwort hatte Johlen und Schenkelklopfen zur Folge. Mehrere der Gäste reichten Alice anschließend ihre Teller und bestellten noch Kaffee, Wein und Bier.

Peakoil Reloaded

Peak Oil
von Jeremy Leggett

Jenseits des Ölgipfels
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Peakoil Reloaded
Peakoil Reloaded

136 Seiten
ISBN 3-938764-00-7

Preis: 14.80 Euro

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