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EMP - Ein Survivalroman

Kapitel 11


  
"Also das mit dem Kerzenlicht, den kalten Ravioli und dem Giesskannen-Wasser ist ja noch erträglich, aber das mit dem Klo ist einfach total unerträglich. Ich halt das nicht mehr aus! Und wie es da inzwischen stinkt, puuuh! Ich geh woanders pinkeln." schimpfte Nanni, nachdem sie aufgewacht war und pinkeln gehen wollte.

Dabei hatten sie sich echt Mühe gegeben. Das Klopapier landete im verschliessbaren Müllbeutel, damit das Klo nicht zu sehr verstopft und mit pinkeln und ein bisschen Blumenwasser hatten sie auch versucht, die grösseren Geschäfte ein bisschen runterzuspülen. Aber von gut funktionieren konnte leider gar keine Rede sein.

Nanni machte sich am Schrank zu schaffen und wollte ihn von der Tür wegschieben. "Wenn du wartest, bis Anna und ich gefrühstückt haben, dann kommen wir mit. Geh doch noch einmal bei uns pinkeln. Das hilft auch beim spülen." schlug Ronja vor. "Ok, aber macht schnell" erklärte sich Nanni einverstanden und verschwand naserümpfend im Bad.

Nach dem kärglichen Frühstück war auch Anna schon ganz quirlig vor Unternehmungslust und selbst Ronja freute sich darauf, die engen vier Wände mal zu verlassen, aber sie mahnte zur Vorsicht. "Wir gehen erstmal nur in die offenen Nachbarwohnungen und schauen, was dort los ist. Dann sehen wir weiter." Vorher schauten sie nochmal aus den Fenstern und sahen ein ähnliches Bild wie am Tag zuvor.

Mit vereinten Kräften schoben sie den Schrank von der Tür weg und spähten erstmal vorsichtig nach draussen. Alles schien ruhig. Nanni pirschte sich zuerst zur Nachbarwohnung, während die beiden anderen noch an der eigenen Wohnungstür Wache hielten. Nanni winkte ihnen verschwörerisch zu, und es fühlte sich an, als wären sie in einem drittklassigen Gangster-Film gelandet. Anna wippte ungeduldig auf und ab und Ronja überprüfte noch dreimal, ob sie die Wohnungsschlüssel auch wirklich in der Hosentasche stecken hatte, dann zog sie zögernd die Tür ins Schloss und folgte Nanni, Anna dicht auf den Fersen.

Nanni war ihnen schon wieder ein paar Schritte voraus und stand bereits im Flur der benachbarten Wohnung und spähte mit langem Hals umher. Keine Räuber, keine Leichen, nur alles durcheinandergeworfen, so wie es in den Krimis immer aussieht, wenn eingebrochen wurde. Der nächste Schritt führte Nanni ins nachbarliche Bad und kurz darauf konnte man ein Platschen und ein erleichtertes Seufzen hören. Und noch etwas später konnte man sogar eine kurze Spülung hören. Da waren wohl noch Reste im Wasserrohr gewesen. Bevor Nanni weitermachen konnte, klopfte Ronja laut an die Tür und rief "Stop! Stop! Tu es nicht." "Was soll ich nicht tun?" fragte Nanni, die ihren Kopf aus der Tür steckte. "Dir die Hände waschen, wenn noch Wasser aus dem Waschbecken-Hahn kommt. Das Wasser brauchen wir zum Trinken." "Na gut." meinte Nanni und dann gingen sie tiefer in die Wohnung in Richtung Küche, um nach einem Gefäss für eventuelles Wasser zu suchen. Sie fanden einen noblen Topf und tatsächlich konnten sie den Hähnen von Küche, Waschbecken und Badewanne noch ein bisschen Wasser entlocken. Aber viel war es leider nicht.

Anna und Ronja hatten inzwischen auch schon die Toilette benutzt, aber die Spülung ging natürlich nicht mehr. Dann durchsuchten sie die Wohnung nach Essbarem und Trinken. Die Plünderer waren recht gründlich vorgegangen. Viel Verwertbares gab es in der Wohnung nicht mehr und auch viele der schweren Möbel waren beschädigt worden. Wenn Ronja an die Preise für so teure Eichenmöbel dachte, schauderte ihr beim Anblick der Zerstörungen. Die Nachbarn taten ihr leid. Wo sie wohl waren? Und jetzt nahmen sie den Nachbarn noch mehr weg. Aber da die Nachbarn ja nicht da waren, konnten sie ihre Restvorräte ja auch gar nicht selbst nutzen.

Sie fanden hinten in einem Schrank hinter einer Kiste Leergut ein paar Flaschen Edel-Bier und drei Flaschen Mineralwasser. Das war schonmal ein sehr guter Fund, wenn das Bier auch nur für den Abend geeignet war. Ein paar Rollen Toilettenpapier waren auch in dem Schrank, was auch nicht schlecht war, denn zuhause hatten sie nicht mehr viel davon. Das Schrankfach, das wahrscheinlich normalerweise für Dosen genutzt wurde, war leer. Das hatten bestimmt die Plünderer mitgenommen. Aber sie fanden angebrochene Tüten mit Mehl, Haferflocken und Gries. Haferflocken konnte man gut als Müsliersatz nehmen, aber für Mehl und Gries müssten sie kochen. So ein Mist. Ronja dachte sich aber, dass sie das Problem mit dem Kochen wohl irgendwie würden lösen würden und packte auch das Mehl und den Gries in ihre Stofftasche, die sie vorsorglich mitgenommen hatte. Das weitere Stöbern brachte Öl, Essig, Brühwürfel und Gewürze zutage. Gewürze hatten sie selbst genug, aber die anderen Sachen packten sie ein.

Anschliessend brachten sie ihre Beute erstmal in Sicherheit und überlegten, ob sie noch mehr Wohnungen aufsuchen sollten. "Eigentlich haben wir ja schon genug gesammelt. Uns fehlt nur noch ein Kocher. Aber was ist, wenn heute Nacht die anderen Wohnungen komplett leergeräumt werden. Da sollten wir wohl schneller sein." schlug Ronja vor und kam sich dabei irgendwie schlecht vor. Aber die anderen beiden hatten keine Einwände und so zogen sie los, um die Nachbarwohnung auf der anderen Seite zu inspizieren. Dort sah es ähnlich aus, wie in der ersten Wohnung. Sie fanden ein paar Spekulatius vom vorletzten Jahr, eine Flasche Zitronenlimonade, die Anna gleich begeistert an sich riss, die üblichen Gewürze und Kochzutaten. Die Kochzutaten wollten sie schon stehen lassen, aber plötzlich schlug Nanni sich an den Kopf "Das Öl, das Öl, das sollten wir unbedingt mitnehmen. Ich hab noch so ne romantische Öl-Lampe in meinem Zimmer stehen. Die können wir nehmen, wenn die Kerzen alle sind.". Also packten sie auch das Öl in ihre Tasche. Insgesamt war die Beute nicht so gut, wie in der ersten Wohnung. Hier waren die Plünderer wohl gründlicher vorgegangen, denn viele Schrankfächer waren leer.

Die nächste Tür sah zwar aufgebrochen aus, aber sie stand nicht offen. Und als sie sie öffnen wollten, gab sie nicht nach. Also klopfte Nanni an. Sie hörten schlurfende Schritte, die sich aber bald wieder entfernten. Da war jemand drin. Nanni holte tief Luft, sah Ronja kurz an, die nickte, klopfte nochmal und rief dazu "Hallo, wir sinds. Ihre Nachbarn von zwei Türen weiter. Die beiden Frauen mit dem Mädchen.". Wieder näherten sich Schritte und blieben vor der Tür stehen. Dann konnte man sehen, wie jemand durch den Spion spähte. Diesmal rumpelte es ein wenig und dann ging die Tür langsam auf. Die alte Frau Walther schaute sie blass und angstvoll an. Ihre Haare hingen wirr um ihren Kopf.

"Guten Tag" sagte Nanni, "wir wollen Ihnen nichts tun. Was ist denn Ihnen passiert?". Die alte Frau murmelte etwas unverständliches, nickte ein paar Mal und öffnete die Tür noch weiter, um sie hereinzulassen. Drinnen wurde schnell klar, warum die alte Frau so verstört aussah. Es war zwar weitgehend aufgeräumt, aber die meisten Möbel waren stark beschädigt und einige der Porzellan-Zierfigürchen, die auf dem Flurschränkchen standen, hatten ihre Köpfe und Gliedmassen verloren. "Sie sind einfach reingekommen." sagte Frau Walther halbwegs verständlich mit zittriger Stimme und dann brach sie in Tränen aus.

Nanni nahm sie spontan in den Arm und strich ihr über den Rücken und den spärlich behaarten Kopf. "Nun, nun, Oma, jetzt wein dich erstmal aus. Es wird alles gut." Frau Walther weinte noch ein paar Minuten ganz bitterlich und dann beruhigte sie sich langsamn wieder. Anna hielt ihr ihre Limoflasche hin und sagte fürsorglich "Hier Oma Walther, du darfst von meiner Limo trinken, damit du wieder froh bist." Ein Lächeln stahl sich über Frau Walthers Gesicht und man konnte schon einen verschmitzten Funken in ihren rotverweinten Augen sehen, als sie die Flasche entgegen nahm. Es dauerte ein bisschen, bis sie die Flasche geöffnet hatte, schliesslich half Nanni ihr dabei und dann trank sie ein paar Schlucke. "Du ahnst ja nicht, wie gut mir deine Gabe schmeckt. Ich hab seit Tagen nichts mehr zu trinken gehabt. Dank dir sehr für deine Grosszügigkeit, meine kleine Lady." sagte die alte Frau und reichte Anna die Flasche zurück. Anna trank natürlich auch gleich ein paar Schlucke, denn sie wollte diese wunderbar schmeckende Limo jetzt unbedingt probieren. Ronja nahm auch einen kleinen Schluck und fand, dass die Limo eigentlich leicht abgestanden und übersüss schmeckte, sagte aber nichts dazu und gab die Flasche an Nanni, die sie abschliessend wieder feierlich an Anna zurückgab.

Frau Walther hatte sich inzwischen wieder etwas gefangen und bat die drei in ihre Küche. "Leider hab ich kein Wasser, sonst würde ich Ihnen gerne einen Kaffee anbieten. Denn der Pulverkaffee ist fast das einzige, was mir geblieben ist. Ronja bot an, das nötige Wasser aus ihrer Wohnung zu holen und so sassen sie bald alle vier in der Küche mit kaltem Kaffee oder Limo vor sich auf dem Tisch und Frau Walther erzählte, was ihr passiert war.

In der Nacht, in der Ronjas Familie verschont geblieben war, waren die Plünderer bei Frau Walther eingedrungen. Frau Walther hatte sich im Bad eingeschlossen und hinter dem Duschvorhang versteckt und musste mitanhören, wie ihr Mobiliar zerschlagen und ihre Sachen ausgeräumt wurden. Stunden später hatte sie sich mit schmerzenden Gliedern endlich aus dem Bad hervorgewagt und hatte sich beim Herumirren in ihrer dunklen Wohnung etliche blaue Flecken geholt. Erst am nächsten Morgen konnte sie sehen, was die Plünderer angerichtet hatten, denn in der dunklen Nacht hatte sie weder Streichhölzer noch Kerzen finden können. Und dann hatte sie den ganzen Tag mit Aufräumen verbracht und so gut wie nichts zum Essen oder Trinken gefunden.

Ronja bot Frau Walther an, mit zu ihnen rüberzukommen, doch Frau Walther lehnte ab, weil sie lieber in ihren eigenen vier Wänden bleiben wollte. Aber sie versprachen sich gegenseitig, sich zu besuchen und Ronja brachte Frau Walther noch eine der gefundenen Mineralwasserflaschen, damit sie was zu trinken hatte.

Nach dem Besuch gingen die drei noch in die anderen zwei Wohnungen des Stockwerkes, vor allem, um noch mehr Wasser zu finden. Auf den Balkonen fanden sie noch insgesamt etwa 12 Liter Giesskannen-Wasser und noch dreieinhalb Flaschen mit Mineralwasser. Eine davon brachten sie noch zu Frau Walther, denn jetzt hatten sie reichlich Wasser. Ausserdem fanden sie noch zwei Dosen Würstchen und mehr Mehl, Nudeln, Reis und anderes Trockenzeug in angebrochenen Packungen. Nachdem sie noch eine der Toiletten ausgiebig benutzt hatten, schleppten sie die Beute heim und stellten sicherheitshalber wieder den Schrank vor die Tür.

Dann bewunderteten sie ihre neuen Vorräte. Das würde sie ein paar weitere Tage am Leben halten. Erstmal verputzten sie ein paar Spekulatius und dann betrachteten sie nachdenklich die angebrochenen Mehl-, Nudel- und Griess-Packungen. "Kochen müsste man können." murmelte Ronja vor sich hin und legte ihre Stirn in Falten. Vor ihrem Auge erschien ein undeutliches Bild von einer Dose mit Löchern drin, in der ein kleines Feuer brannte. Wo hatte sie das schonmal gesehen? Natürlich, klar, unten die Plünderer hatten grosse Dosen mit Feuer drin, nämlich Fässer. Sie hatte das aber viel kleiner vor sich gesehen. Vielleicht aus dem Fernsehen? Nun egal, woher sie das Bild hatte, die Idee gewann allmählich Gestalt in ihrem Kopf. Plötzlich sprang sie auf, wühlte im Mülleimer und zog triumpfierend die leere Ravioli-Dose hervor.

"Was willste denn damit?" fragten Nanni und Anna wie aus einem Mund. "Einen Herd bauen." antwortete Ronja mit entschlossener Stimme. "Einen Herd bauen? Aber wir haben doch einen Herd." sagte Anna ganz erstaunt. Sie fragte sich wohl, ob ihre Mutter verrückt geworden sei. "Ja, aber der funktioniert ja nicht. In einer Dose kann man ein kleines Feuer machen, wenn genug Löcher drin sind. Das hab ich irgendwo mal gesehen. Und auf dem Feuer könnten wir was kochen. Fragt sich nur, wie wir die Löcher da reinkriegen sollen." erklärte Ronja. "Au ja, wir machen ein kleines Feuer." jubelte Anna. Ihr Interesse war eindeutig geweckt. Nannis wohl auch, denn sie stand auf und kramte in der Küchen-Schublade. Sie zog einen Kondensmilch-Piekser und die stabile Küchenschere heraus. "Ob man sie damit wohl durchlöchern kann?" fragte sie. "Oh, du bist ein Schatz. Das könnte gehen." sagte Ronja.

Sie stocherten eine ganze Weile mit vereinten Kräften an der inzwischen notdürftig gereinigten Dose herum und endlich waren sie mit den Löchern zufrieden. Die Dose sah vor allem im unteren Bereich ein bisschen aus wie ein Sieb. Dann machten sie oben noch eine etwas grössere Öffnung rein, durch die man Brennstoff nachfüttern konnte. Nanni schnitt sich dabei ziemlich schmerzhaft an der Dose, aber es blutete nicht doll und Pflaster gab es immer griffbereit.

Endlich waren sie zufrieden mit ihrem Werk und dann ging es an die Brennstoffsuche. Sie nahmen den "Kocher" und einen kleinen Topf mit auf den Balkon, denn dort gab es feuerfesten Betonfussboden und vielleicht auch Brennholz. Sie hatten Glück. Da stand eine Obstkiste aus Dünnholz, die sie mit den nackten Händen und ein paar Tritten zerkleinern konnten. Nanni organisierte noch schnell ein Teelicht als Feuerstarter und etwas Papier und Pappe; davon hatten sie reichlich. Ronja stapelte liebevoll einen kleinen Scheiterhaufen in der Dose auf und dann entzündete sie feierlich ein Streichholz und hielt es mit spitzen Fingern durch ein etwas grösseres Loch an den Teelicht-Docht.

Es brannte. Und wie es brannte. Wie sich das bei einem Feuer gehört, brannte es erstmal recht hoch, weil das Papier Feuer gefangen hatte. Nach kurzer Zeit konnte man jedoch auch das leise Prasseln des anbrennenden Holzes hören und sah, wie es von den Rändern her dunkler wurde. Ronja legte die etwas dickeren Eckstücke der Kiste auf das zündelnde Dünnholz und gab mit einem nach oben gerichteten Daumen ihrer Freude Ausdruck.

Schnell war der Topf mit Wasser gefüllt und auf den Kocher gestellt. In der Wartezeit aufs Kochen sammelten Nanni und Anna Brühwürfel, Nudeln und eine der Würstchen-Dosen ein und brachten sie auf den Balkon. Ronja bewachte währenddessen das Feuer.

Nudelsuppe mit Würstchen, das klang wie ein Vier-Sterne-Menü. Zur Feier des Tages wurde auch eine der Bierflaschen geöffnet und Anna holte sich ihre Limoflasche. Nach zehn Minuten kochte das Wasser im Topf endlich und sie warfen die Brühwürfel und die Nudeln in das Wasser. Leider fing das Feuerchen schon an, kleiner zu werden, darum kochte das Wasser nicht so schnell wieder hoch. Ronja fütterte ein paar Pappestücke nach, bis das Wasser wieder kochte. Nach ein paar Minuten kamen auch noch die geschnippelten Würstchen in den Topf und in das Feuer noch ein paar Pappestücke. Endlich beschlossen sie, dass die Nudeln weich genug seien und nahmen den Topf mit dicken Topfanfassern vom Feuer, das sich auch schon seinem Ende näherte. Nanni trug die Suppe in die Küche, Anna lief mit den Getränken hinterher und Ronja versorgte das Feuer, sodass es keinen Schaden mehr anrichten konnte, auch wenn ein plötzlicher Windzug kommen sollte.

Dann ging auch Ronja in die Küche und setzte sich an den Tisch, auf dem schon Suppenteller und Löffel für alle und der Topf mit der Suppe standen. Feierlich schöpfte Nanni jedem den Teller voll und dann sassen sie zufrieden da und assen genüsslich die Suppe. Es schmeckte wirklich sehr lecker. Sie hatten zwar nicht wirklich gehungert, aber so eine warme Suppe mit Würstchen gab ein gutes Gefühl von Geborgenheit. Und das konnten alle drei gut gebrauchen.

Anschliessend spielten sie noch viele Runden Skat, bis es Zeit für Anna war, zu schlafen. Anna hatte eine Serie mit vielen Buben, die sie zur Begeisterung trieb, vor allem, als sie das Rechenspielchen beim Reizen verstand, wenn man alle vier Buben hat. Bei der Rechnerei mussten die beiden Frauen ihr helfen, da das ihre bisherigen Rechenkünste noch überschritt, aber sie kapierte schnell und hatte eine wahre Freude an der hohen Zahl. Immer wieder bat sie Ronja, ihr den Rechenweg vorzusagen, bis sie es auswendig wusste. "Mit vier, Spiel fünf, mal Kreuz ist 60. Sechzig ist ja echt viel, viel älter als du Ronja, oder? Sogar älter als die Grossmuter, nicht wahr?".

Die Frauen hatten ihre Freude an der Begeisterung und Ronja sagte mit einem frechen Grinsen im Gesicht "Na gut, weil dir die hohen Zahlen so gefallen, sag ich einfach mal Kontra." "Kontra? Was heisst denn das?" fragte Anna neugierig. "Kontra sagt ein Mitspieler, wenn er denkt, dass er gegen den Spieler gewinnen kann. Dann wird am Ende alles doppelt gezählt und wenn der Spieler verliert, verliert er doppelt so viel wie ohne Kontra. Aber auch wenn er gewinnt, hat er doppelt so viel davon. Es erhöht also das Risiko und natürlich auch die Zahl. Kannst du dir vorstellen, wieviel das doppelte von 60 ist?". "Hm" Anna legte ihre Stirn in Falten. "Ist das über hundert?" fragte sie nach einer Weile. "Ja, das ist über hundert. Das sind 120." "Au ja, das gefällt mir." Anna strahlte "Dann gewinn ich 120, wenn ich gewinne?", "Ja genau", "Gibts davon noch mehr" fragte Anna, gierig geworden. "Das haben sich die alten Skathasen wohl auch gedacht und darum haben sie eingeführt, dass das noch weiter geht. Wenn du als Spieler denkst, dass du trotzdem gewinnen kannst, obwohl der Mitspieler Kontra gesagt hat, dann kannst du Re sagen. Dann wird alles nochmal verdoppelt. Und manche gehen dann noch weiter, aber das machen meiner Meinung nach nur Leute, die zuviel getrunken haben und das haben wir bestimmt noch nicht. Also, du kannst Re sagen, wenn du dir sicher bist, dass du gewinnen kannst." Sofort stiess Anna ein siegesgewisses "Re" aus und ihre Augen glitzerten. "Ist das dann mehr als zweihundert?" fragte sie neugierig. "Richtig, das ist sogar zweihundertvierzig." warf Nanni ein, der das Ganze auch viel Spass zu machen schien.

Natürlich gewann Anna haushoch, obwohl die beiden Frauen es ihr so schwer wie möglich machten, um das Vergnügen zu verlängern. Siegestrunken war Anna dann auch bereit, sich mit einer Geschichte ins Bett bringen zu lassen. In dieser Nacht legten sich auch die Frauen in ihre Betten, denn erstens hatten sie eine richtige Nacht bitter nötig und zweitens hatten das bisschen Bier und die Spielfreude sie etwas unbesorgter gemacht.

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