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EMP - Ein Survivalroman

Kapitel 9


  
Noch vor dem Wecker wachte Fritz putzmunter auf und sprang aus dem Bett. Bei einen schnellen Tee überlegte er kurz, wie er sein Haus im Schnellverfahren vor Plünderern sichern konnte, damit ihm nichts passieren würde, während Fritz bei der Arbeit war.

Da er sein Haus sowieso oft allein lassen musste, hatte er gute Rolläden und eine stabile Tür, die aber unauffällig aussah. Die meisten wertvollen Dinge waren entweder fest montiert, wie zum Beispiel die kaputten Solarpanele oder sicher verstaut, ein Grossteil davon im Gewölbekeller, weil dort auch viel Platz war. Vor den Gewölbekeller konnte er einen Schrank schieben, damit man sich dachte, es gäbe nur den normalen Keller, der nicht viel enthielt. Der bewohnte Teil des Hauses war recht spartanisch gehalten, daher hatte Fritz nicht viel in den Keller zu tragen, um ein sicheres Gefühl in Bezug auf sein Haus zu haben.

Ziemlich bald war er also fertig mit der Erstsicherung. Eine gute Tarnung würde erheblich mehr Arbeit machen, das wollte er sich für später aufheben, wenn er von der Baustelle zurück war. Er schwang sich auf sein Fahrrad und fuhr los. Im Vergleich zum gestrigen Abend hatte sich auf den Strassen nicht viel verändert. An einigen Stellen sah er Jugendbanden rumziehen und bei vielen Häusern waren die Familienväter damit beschäftigt, die Fenster zuzunageln.

"Welch ein Unfug," dachte sich Fritz "aber nicht jeder war mal im Irak und konnte live erleben, worauf es beim Plünderungsschutz ankommt." In seiner Zeit beim Bund war er ein halbes Jahr im Irak zur Friedenssicherung stationiert gewesen und dort hatte er sehr viel über schwierige Zeiten gelernt. Offiziell hiess es zwar Friedenssicherung, aber eigentlich konnte man die Situation dort nicht "Frieden" nennen. Für ihn schien es eher wie ein Bürgerkrieg, bei dem ein paar versprengte Soldaten versuchten, das Schlimmste zu verhindern. Dabei war der Krieg offiziell schon drei Jahre lang beendet. Besonders beindruckt hatte ihn die Tatsache, dass die ärmeren Leute, die in ihren schutzlosen Häusern sehr schnell ausgeplündert worden waren, langfristig immernoch in ihren Häusern lebten, wenn auch mit bescheidenen Mitteln. Andere jedoch, die ihr Häuser wochenlang verteidigt hatten, hatten später ihre besser erhaltenen und versorgten Häuser an Warlords oder Militär verloren und sassen immernoch auf der Strasse, in der schwachen Hoffnung ihr Haus irgendwann zurückzubekommen.

Natürlich wollte er nicht riskieren, ersteinmal gründlich ausgeplündert zu werden, um sein Haus dann nicht an Warlords zu verlieren. Aber er hatte sich überlegt, dass er ja sein Haus so aussehen lassen konnte, als wäre es schon geplündert und ausserdem völlig ungeeignet als Stützpunkt. Das widersprach der Realität natürlich ganz enorm, denn er hielt sein Haus für sehr stützpunkt-geeignet mit der eigenen Wasserversorgung, seinem Generator, dem Windrad und dem geräumigen Keller. Das alles müsste er also verstecken oder tarnen.

Unterdessen kam er an immer mehr Häusern mit vernagelten Fenstern vorbei und dachte sich, dass dies für ihn persönlich eigentlich sehr gut sei, denn all diese verrammelten Häuser signalisierten schliesslich, dass es dort was zu holen gab.

Nach einer Weile kam er bei seiner Baufirma an und traf dort nur auf wenige der Kollegen. Nur die Männer, die in Fuss- oder Fahrradnähe wohnten, waren gekommen, für die anderen war der Weg wohl zu weit gewesen. Etwa ein Drittel der Arbeiter waren da, die anderen, zu denen auch alle Chefs gehörten fehlten. Es sah so aus, als hätte die Baufirma zumindest fürs Erste ihren Betrieb eingestellt. Die anwesenden Arbeiter waren auch weniger zum normalen Arbeiten gekommen, sondern eher, um die Situation zu checken und sich ihr eigenes Werkzeug von der Baustelle zu holen. Sie erzählten von ihren verunsicherten Frauen und Kindern, die ängstlich ihre Rückkehr erwarten würden. Ausserdem hatten alle vor, ihre Häuser oder Wohungen zu verrammeln. Fritz erwähnte, dass er sein Haus eher unattraktiv für Plünderer machen wollte, aber von solchen modernen Ideen wollten seine Kollegen nichts wissen.

Begleitet von zwei anderen Kollegen mit Fahrrad, fuhr Fritz schliesslich in Richtung Baustelle. Die Baustelle lag völlig verlassen da. Ob und wann das Haus wohl je fertiggebaut werden würde, fragte sich Fritz. Nun, für den Moment war das egal, zumindest würde der Weiterbau nicht so bald beginnen. Daher hatte er auch kein schlechtes Gewissen, als er sich ausser seinem persönlichen Werkzeug auch eine geliehene Seilwinde auf sein Fahrrad ludt, denn so eine brauchte er dringend, um unter anderem sein kaputtes Auto vom Fleck zu bewegen. Seine Kollegen liehen sich auch dringend benötigte Werkzeuge, denn es war sowieso gang und gebe, sich Werkzeuge von der Baustelle auszuleihen. Nicht lange später verabschiedeten sich die Männer voneinander, wünschten sich gegenseitig Glück und strebten dann eilends ihren Heimen entgegen.

Mit der Seilwinde bewaffnet erreichte Fritz unbehelligt sein Haus und setzte sich erstmal in die Küche, um einen genauen Schlachtplan auszutüfteln.

Einen Teil der Vorräte wollte er im Garten verstecken, falls der Keller doch entdeckt werden sollte. Ausserdem wollte er die Zugang des Gewölbekellers so gut verstecken, dass er selbst nur mit einigem Aufwand Zugriff auf die dort untergebrachten Sachen hätte. Alles was er in der gefährlichen Zeit benötigte, müsste er also ausserhalb des Kellers verstecken. Um das Haus langweilig wirken zu lassen, müssten die Solarpanele abgeschraubt werden, denn diese würden auf die Autarkie seines Hauses hinweisen, auch wenn sie kaputt sind. Auch das Windrad im Garten musste weg. Das Auto, ein mittelschicker Allrad-Wagen, wollte er vielleicht in der Scheune des Nachbarn unterbringen; mal sehen, das musste er vorher noch genauer in Augenschein nehmen. Und wenn alles getarnt und versteckt wäre, würde er sich ein Notlager im nahegelegenen Wald bauen mit Vorräten und allem, was er in den gefährlichsten Tagen benötigen würde. Sehr viel Arbeit stand ihm bevor.

Beim Abmontieren der Solarpanele war er froh, dass er beim Dachdecken schon geübt hatte, sich auf dem Dach zu bewegen, sonst wäre es ihm wahrscheinlich unheimlich gewesen. Vorsichtig liess er die Panele an einem Seil herab und brachte sie anschliessend in den Keller. Die Demontage des kleines Windrades, das sogar noch intakt war, tat ihm in der Seele weh, denn er hatte es noch nicht lange und war sehr stolz auf seinen neuesten Autarkie-Helfer. Aber genau deswegen musste es ja verschwinden. Eine Kiste mit Vorräten für etwa einen Monat schleppte er in den Garten und versteckte ihn unter dem Komposthaufen. Allein diese Aktion kostete ihn mit Graben gute zwei Stunden.

Dann sortierte er seine in der Wohnung und Garage verbliebenen Gegenstände nach Keller und Notfallgepäck und trug die für den Keller bestimmten Sachen nach unten. Er nahm eine letzte Dusche, füllte einige Kanister und demontierte dann die Pumpe und alles, was auf die eigene Wasserversorgung hinwies, natürlich bis auf den eigentlichen Brunnen, der zu seinem Bedauern im normalen Keller stand.

Als endlich alles verstaut war, kam der schwierige Teil mit der Tarnung des Zugangs zum Gewölbekeller. Der Schrank an sich war relativ leicht zu verschieben; das hatte er ja jetzt auch schon zweimal gemacht. Aber nur mit dem leeren Schrank war es Fritz zu unsicher. Also hatte er noch einiges vor.

Der erste Schritt war das Verstärken der Rückwand, denn diese war sehr dünn. Man hätte sie mit der Faust durchschlagen können. Fritz schraubte ein paar Spanplatten von hinten an die Rückwand und dann schob er den Schrank wieder vor den Eingang des Gewölbekellers. Es ging schon erheblich schwerer als vorher. Dann wurde der Schrank mit schweren Dingen gefüllt, z.B. mit dem Amboss seines Grossvaters. Rund um den Schrank stapelte Fritz alles mögliche Gerümpel. Er war das erste Mal froh darüber, dass er es noch nicht geschafft hatte, alles Gerümpel der vergangenen Generationen zu entsorgen. Am Schluss trat er ein paar Schritte zurück und bewunderte seine Konstruktion. Es sah aus wie ein Haufen mit ollem Zeug, das darauf wartete, dass der Sperrmüll kommt. Wunderbar.

Um und auf dem Brunnen häufte er weiteres Gerümpel an. Damit war das Gröbste erledigt. Als nächstes kam das Auto dran. Für das Auto hatte er sich ausgedacht, dass er es in solchen Situationen in der Scheune des Nachbarn unterbringen konnte. Der Nachbarhof war nämlich verlassen und die Erben wohnten in Hannover. Sie waren einmal dagewesen und hatten sich das alte Gemäuer angeschaut. Anscheinend war es ihnen zu teuer, es wieder herzurichten und vielleicht auch zu abgelegen. Auf jeden Fall hatten die Erben ihn gebeten, immer mal zu schauen, ob alles in Ordnung sei und ihn gegebenfalls zu informieren, falls etwas wäre. Er hatte also offiziell erlaubten Zugang zu dem Grundstück. Und in der Scheune standen alte Traktoren und Maschinen aus den 60ern. Das hatte er beim Besuch der Erben selbst gesehen. Die Scheune wollte er mit seinem Bolzenschneider öffnen, sein Auto hineinschieben und mit Stroh und Heu tarnen.

Schwierig war es nur, mit dem Auto keine Spur auf dem vollgewucherten Hof zu hinterlassen. Im Zickzack würde es wohl nicht so stark auffallen. Und genau hierfür brauchte er die Seilwinde von der Baustelle, denn das Auto fuhr ja nicht, und alleine konnte er es auch kaum über die weite Strecke gleichzeitig lenken und schieben. Und so zog er denn in stundenlanger Schwerstarbeit das Auto im Zickzack von seinem Standplatz zu der alten Scheune. Ein Stückchen ging es sogar bergauf, das war besonders mühsam. Aber das letzte Stück war glücklicherweise leicht abschüssig.

Die Scheune war mit seinem Bolzenschneider schnell geöffnet, denn das Schloss war zwar neu, aber nicht sehr stabil. Vorsichtig zog er sein Auto ins Innere und bewarf es dann mit dem rumliegenden Stroh. Nach kurzer Zeit konnte man es kaum noch sehen, weil es auch sehr dicht an den Strohhaufen stand und so wie ein Teil davon wurde.

Der alte Trecker sah eigentlich noch ganz brauchbar aus. Wenn die Altersschwäche ihn nicht schon vor Jahrzehnten lahmgelegt hatte, hatte er den EMP-Schlag bestimmt überstanden, denn Elektronik fand man in solch urigen Modellen mit Sicherheit nicht. Später könnte so ein alter Trecker noch sehr nützlich werden, aber erstmal blieb er besser gut versteckt in der Scheune.

Fritz fand auch noch ein rostiges Vorhängeschloss, das noch viel oller, als sein mitgebrachtes wirkte. Dieses rostige Vorhängeschloss war optimal geeignet, um der Scheune ein unbenutztes und somit uninterssantes Aussehen zu geben. Zwar hatte er keinen Schlüssel für das Schloss, aber dafür gab es ja den Bolzenschneider.

Auf einer anderen unauffälligen Zickzackstrecke ging Fritz schliesslich zurück zu seinem Haus und war für diesen Tag fertig mit der Arbeit. Es wurde auch schon langsam dunkel. Da es im Wasserspeicher unterm Dach noch Wasser gab, konnte er sich auch einen Tee und eine Suppe kochen. Das gab dem Tag ein Stück Normalität. Zum Feierabend gab es dann sogar noch ein Bierchen, das im vorderen Keller auf ihn wartete.

In dieser Nacht schlief Fritz wie ein Stein, denn obwohl er körperliche Arbeit gewöhnt war, war der Transport des Autos doch eine ziemliche Schinderei gewesen.

Am nächsten Morgen schien die Sonne und es war ein wunderbarer warmer Frühherbst-Tag. Alles sah so friedlich aus, dass man kaum glauben mochte, welche Katastrophe grad im Gange war. Heute war der Tag des Notquartiers im Wald.

Einen Platz hatte er schon vor vielen Jahren ausgesucht. Dort gab es einen kleinen versteckten Bergwerks-Stollen, der aber nicht weit in den Berg ging und den man selbst dann kaum sah, wenn man direkt daran vorbeiging. Als Junge hatte sich Fritz gerne darin versteckt. Dort wollte er jetzt einen Grossteil seiner wichtigen Sachen unterbringen. Leider hatte man von dem Stollen aus keine gute Aussicht und er war auch recht feucht, daher war er nicht geeignet, um darin auch zu hausen. Für sein kleines Zelt hatte er daher einen Platz ganz in der Nähe ausgesucht, wo er in einem Gebüsch gut versteckt war, aber freien Blick zu seinem Haus und zur Strasse hatte. Der Platz war nur etwa 300 Meter von seinem Haus entfernt, aber Fritz wollte einen grossen Umweg gehen, um keinen Trampelpfad zu hinterlassen, der ihn verraten könnte. Die Strecke per Umweg war einen guten Kilometer lang. Zehn Touren würde er mindestens gehen müssen, um seine Sachen in den Wald zu schaffen.

Fürs Tragen hatte er glücklicherweise ein extra Tragestell, das ähnlich wie ein Rucksack war, aber ein festes Metallgestell bot, auf das man Ausrüstungsgegenstände schnallen konnte. Solche Gestelle wurden sonst meistens auf Expeditionen benutzt, aber in gewisser Weise war sein Notlager ja auch eine Art Expedition.

Der Weg zu seinem Lager führte zuerst über einen normalen Weg bergauf durch eine Wiese. Dann kam man auf einen etwas breiteren Spazier- und Fortweg, der in der einen Richtung in den Wald reichte. Dieser Weg führte zwar ziemlich weit weg von seinem Lager (das war der Sinn der Sache), aber kurz hinter dem Waldrand zweigte an unauffälliger Stelle ein Pfad ab, der sich zu seinem Lager hinwand. An mehreren Stellen war dieser Pfad so überwuchert, dass man ihn nicht mehr erkennen konnte, was natürlich auch das Fortkommen erschwerte. Auch einige umgestürzte Bäume lagen quer über den Pfad und tarnten ihn noch besser.

Auf der ersten Tour brachte Fritz sein Zelt und das wichtigste Übernachtungszubehör, wie Schlafsack und Isomatte in den Wald und baute das Zelt auch gleich unter dem vorgesehenen Gebüsch auf und legte sich die Matten und den Schlafsack gemütlich zurück. Vielleicht müsste er schon die nächste Nacht hier verbringen. Wer weiss? Die nächsten Touren brachten Nahrungsvorräte, Kochzeug, Wasser, Werkzeuge, Kleidung und sein Mountainbike zum Lager.

Als alles oben war, montierte Fritz eine kleine Webcam mit Blick auf das Haus und eine weitere mit Blick zur Strasse und Teile des Ortes in Hausnähe. Die Webcams hatte er mal von seinen Eltern bekommen, als diese grosse Stückzahlen eines Sonderangebotes gekauft hatten. Ausserdem kam noch eine Webcam in den Keller, damit er auch dort einen Überblick hatte. Im Keller war es natürlich dunkel, aber eventuelle Plünderer würden bestimmt mit Lampen reinkommen, und dann konnte man genug sehen. Alle Webcams verband er mit einer WiFi-Anlage, die gut 200 Meter Reichweite hatte.

Die Reichweite war leider der einzige Schönheitsfehler an seinem System, denn sein Lager war 300 Meter vom Haus entfernt. Um Empfang zu haben, musste er also querwaldein an den Waldrand schleichen, denn erst in Waldrandnähe erreichte er die 200 Meter Zone. Um eine Antennenverstärkung wollte er sich aber erst morgen kümmern, denn das war wahrscheinlich mit viel Rumprobieren verbunden und daher zeitaufwendig. An diesem Tag probierte er noch aus, ob das mit den Webcams vom Waldrand aus gut klappte und als er damit zufrieden war, ging er nach Hause.

Vielleicht war das vorerst die letzte Nacht in seinem Haus, vielleicht würde es auch noch länger dauern.

Vor dem Haus verstreute er noch ein paar Sperrmüllstücke, um sein Haus so aussehen zu lassen, als wäre es schon geplündert. Später würde er dann vielleicht sogar die Haustür offenstehenlassen, dass macht immerhin einen sehr geplünderten Eindruck und würde die Plünderer auch davon abhalten, die Tür zu zerschlagen. Aber da war er sich noch nicht so sicher, ob er das übers Herz bringen würde.

In seinem kahlgeräumten Haus kochte er sich mit den wenigen Sachen, die noch da waren, etwas zu essen und legte sich schlafen, nachdem er seinen Bewegungsmelder-Alarm, den er bei den Webcams aktiviert hatte, nochmal überprüft hatte.

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