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Vollautomatisch

Kapitel 32


  
Würdigeren zugeführt? Ich glaub, ich spinne! Die haben meine Ausrüstung geklaut! Und jetzt sperren sie mich hier zur Zwangsarbeit ein. Dagegen waren die anderen beiden Dörfer ja die reinsten Paradiese. Und sogar der Schwarm war besser. Viel besser! Was mach ich bloß, um hier wieder weg zu kommen?

Eine der anderen Frauen zog Juliane am Ärmel, damit sie ihnen zur Feldarbeit folgte. Widerstandslos ging Juliane mit aufs Feld, denn bisher hatte sie keinen Plan und wollte nicht als Rebellin auffallen. Jede erhielt am Feldrand eine Hacke von einem Aufseher und musste dann die gepflanzten Reihen von Unkraut befreien. Juliane fühlte sich scharf beobachtet, daher hoffte sie nicht auf eine Möglichkeit zur Flucht. Dabei befand sich das Feld in der Nähe eines Wäldchens, das sehr einladend aussah. Juliane sorgte dafür, dass sie möglichst nahe am Wald ihrer Arbeit nachgehen konnte und behielt den Aufseher im Auge wie dieser sie.

Ob ich ohne Ausrüstung überhaupt eine Chance habe? Irgendeine andere Ansiedlung wird es bestimmt in der Nähe geben. Zur Not gehe ich zu einem der vollautomatischen Bauern betteln. Oder ich raube Radieschen vom Feld, wenn ich welche finde. Und wenn ich nachts erfriere, so ganz ohne Schlafsack und Zelt? Dann wird eben nicht geschlafen. Ich muss sowieso soviel Entfernung wie möglich zwischen mich und dieses Kerkerdorf bringen. Und wenn ich auf einem Bein davonhüpfen muss. Hauptsache weg!

Der Aufseher war ein schmieriger Typ und als eine junge Frau mit ihrer Arbeit bei ihm vorbeikam, griff er nach ihr und knutschte sie ab. Juliane wollte gerade losrennen, um zu entkommen, da hörte der Aufseher mit dem Knutschen auf und schubste die Frau zurück an die Arbeit. So wiederholte sich das mehrmals. Bei jeder passenden Gelegenheit griff sich der Aufseher eine Frau und küsste sie. Doch das dauerte jedes Mal zu kurz, um Juliane eine Gelegenheit zur Flucht zu geben.

"Was glotzt du immer so blöd?"

Plötzlich stand der Aufseher vor Juliane und schaute sie herausfordernd an. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass er sich ihr genähert hatte, weil sie sich auf die Feldreihe zu ihren Füßen konzentriert hatte.

"Du bist wohl neidisch und willst auch belohnt werden? Hä?"

Der Mann stank aus dem Mund als hätte er sich seit Jahren nicht die Zähne geputzt. Vor lauter Schreck fiel Juliane nichts anderes ein als den Kopf zu schütteln.

"Ah ja, ich seh schon, du bist ganz verrückt nach mir."

Prompt drückte sich der Aufseher an Juliane und steckte seine Zunge tief in ihren Mund. Sie bekam kaum noch Luft. Am liebsten hätte sie geschrien, aber der Mann verschloss ihren Mund mit seinem, sodass Schreien nicht möglich war.

Mit einem letzten Funken von Geistesgegenwart schnellte sie ihr Knie zwischen seine Beine, sodass der Mann von ihr abließ und nun seinerseits schrie und röchelte. Er brach auf dem Boden zusammen und krampfte seine Hände um die verletzte Stelle.

Juliane nutzte die Gelegenheit und rannte davon so schnell sie konnte. Sie hatte den Wald schon erreicht als die anderen Frauen aus ihrer Schreckstarre erwachten und begriffen, was geschehen war. Einige machten einen halbherzigen Versuch Juliane zu folgen, doch am Waldrand stoppten sie. Der Aufseher wälzte sich immer noch am Boden als Juliane den letzten Blick zurück warf. Dann schaute sie nur noch nach vorne, denn sie musste sich konzentrieren, um all den Ästen ausweichen zu können.

Immer tiefer geriet Juliane in den Wald, der größer war als erwartet. Bald konnte sie den Waldrand nicht mehr durchscheinen sehen. Von allen Seiten war sie vom Wald umgeben. Die Zweige schlugen ihr beim Rennen schmerzhaft ins Gesicht, doch sie rannte weiter und weiter - Hauptsache weit weg von dem Dorf. Nach einer Weile kam sie an einen breiten Waldweg, der bequemer aussah als ihr bisheriger Weg durchs Gestrüpp, doch Juliane wollte es eventuellen Verfolgern nicht zu einfach machen und blieb lieber auf unwegsamen Pfaden.

Ab und zu blitzte die Sonne durch die Baumkronen. Daran versuchte Juliane sich zu orientieren, um nicht im Kreis zu rennen. Schon bald begann ihr Knie zu schmerzen, doch sie biss die Zähne zusammen und lief weiter. Als sie an einen Bachlauf kam, hielt sie kurz an und tränkte ihr Hosenbein auf Kniehöhe mit dem kalten Wasser, denn Kälte half oft die Schmerzen zu vertreiben. Der Schmerz ließ auch gleich etwas nach. Weil sie nicht wusste, wann sie wieder auf Wasser stoßen würde, trank Juliane soviel Wasser, wie ihr Magen fasste, ohne sie beim Laufen zu sehr zu behindern. Dann rannte sie weiter.

Sie lief und lief durch den endlos scheinenden Wald. Ob sie mich überhaupt verfolgen? Wäre ja eigentlich unsinnig, denn bis gestern sind sie ja auch gut ohne mich ausgekommen. Und meine Sachen haben sie sich ja schon angeeignet. Wahrscheinlich ist es dumm, wenn ich mir die Lunge aus dem Leib renne. Ich mach lieber mal wieder langsamer. Dann schaffe ich insgesamt bestimmt eine größere Strecke.

Kaum verzögerte Juliane ihr Tempo, spürte sie ihr Knie erheblich stärker als beim Rennen. Langsamer gehen ist aber bestimmt trotzdem besser fürs Bein, selbst wenn ich es jetzt als schmerzhafter empfinde. Den Galopp hätte ich sowieso nicht mehr lange durchgehalten.

Nach endlos scheinender Zeit lichtete sich der Wald vor ihren Augen und innerhalb weniger Minuten hatte sie den Waldrand erreicht. Vor ihr lag ein riesiges Feld. Ein Weg war nicht zu erkennen, darum begann Juliane, querfeldein zu gehen.

Die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel und brannte Juliane unbarmherzig auf den Kopf. Ganze Ewigkeiten wanderte sie über das Feld. Ob ich überhaupt in eine sinnvolle Richtung gehe? Vielleicht liegt links oder rechts von mir die Rettung und ich marschiere gerade daran vorbei. Zu sehen ist im weiten Umkreis nichts außer ein paar weiteren Wäldern. Was solls? Bis zum Dunkelwerden marschiere ich immer weiter weg von dem bösen Dorf und morgen überlege ich dann, welchen Zielen ich mich zuwenden könnte.

"Da ist sie! Hossa!"

Von weitem hörte Juliane einen Mann rufen. Sie schaute in die Richtung aus der die Rufe kamen und sah zwei berittene Männer, die sich ihr schnell näherten.

Juliane rannte los, direkt zum nächstgelegenen Wald. Wenn ich den Wald vor den Reitern erreiche, kann ich sie vielleicht abschütteln. Durch das Unterholz können sie nicht reiten. Dann bin ich im Vorteil. Sie rannte, so schnell sie konnte. Lange war sie nicht so schnell gerannt. Obwohl die Luft in ihrer Lunge schon brannte und ihr Knie höllisch weh tat, beschleunigte sie noch mal, angefeuert durch die Rufe der Männer, die an der Jagd anscheinend Vergnügen hatten.

Im letzten Moment erreichte Juliane den Wald. Beim Weiterrennen lauschte sie, ob die Verfolger hinter ihr herkamen und war erleichtert als sie zornige Rufe hörte, die sich jedoch schnell von ihr entfernten. Ob sie die Verfolgung aufgegeben haben? Bestimmt nicht, aber schön wärs. Wie könnte ich ihnen nur entkommen? Bis mir was einfällt, laufe ich am besten einfach weiter.

Weil die Reiter ihr nicht mehr auf den Fersen waren, verlangsamte Juliane ihre Gangart wieder und achtete darauf, dass ihr möglichst wenig Zweige ins Gesicht schlugen. Das Dickicht dieses Waldes war dichter als im vorherigen Wald und Juliane musste manchmal regelrecht durch das Unterholz klettern, um weiter zu kommen.

Schließlich kam sie an einen breiten Waldweg. Sie ahnte, dass ihr dieser Weg gefährlich werden konnte, denn er war breit genug für Pferde. Daher spähte sie vorsichtig aus dem Gebüsch, um sicher zu gehen, dass dort kein Reiter auf sie wartete.

Sie sah niemanden, daher querte sie zügig die Waldstraße und verschwand wieder im Unterholz. Erleichtert nahm sie wieder Tempo auf. Doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass gleich nach dem einen Waldweg ein weiterer folgte und stolperte unversehens aus dem Dickicht, ihren Häschern direkt in die Arme.

"Ha, da haben wir es ja das Früchtchen. Ich bin Erster, denn ich habe sie erwischt."

"Na gut, aber beeil dich, ich will auch mal."

Juliane schrie und strampelte im Griff des Ritters, doch dieser war um Klassen stärker als sie. Juliane hatte keine Chance, sich seinem Griff zu entwinden.

Sie versuchte den Trick mit dem Knie, der ihr die Flucht ermöglicht hatte, doch der Ritter war auf solche Attacken gefasst und hielt Juliane so, dass ihre Knie ins Leere trafen.

Auch Beißen hatte keinen Erfolg außer dass der Mann fluchte, als Juliane ihn in den Arm biss. Umso grober riss er an ihrer Hose, die sich seinen Bemühungen tapfer widersetzte.

Ein Schnitt des anderen Ritters in den Stoff schwächte jedoch die Widerstandskraft der Hose und so konnte Julianes Häscher sie ihr ohne weitere Probleme vom Leib reißen.

Der Ritter warf Juliane grob auf den Boden und zwang keuchend ihre Beine auseinander. Juliane zappelte und wehrte sich mit all ihrer Kraft, doch der Ritter schlug sie brutal ins Gesicht, sodass ihre Abwehr für einen Moment nachließ. Der Ritter machte sich bereit, in Juliane einzudringen.

"Stop!"

Der Vergewaltiger blickte sich irritiert um, da sprang ein Fuß in sein Gesicht, sodass er taumelte. Sein Kollege kam ihm zu Hilfe und warf sich auf den Mann, der zu dem Fuß gehörte.

Doch blitzschnell landete eine Faust in seinem Gesicht, was ihn zurückweichen ließ.

Juliane konnte von ihrem Platz am Boden kaum erkennen, wie der Kampf weiterging. Sie sah nur, wie ein menschlicher Wirbelwind den beiden kräftigen Rittern so sehr zusetzte, dass sie nach wenigen Minuten am Boden lagen und sich nicht mehr rührten.

Nachdem die Ritter kampfunfähig waren, drehte sich Julianes Retter zu ihr um und fragte: "Bist du unverletzt? Kannst du aufstehen?"

In diesem Moment erkannte Juliane den kämpfenden Wirbelwind.

"Thomas, bist du es Thomas?"

Vollautomatisch

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von Alois Knoll, Thomas Christaller

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Vollautomatisch
Vollautomatisch

208 Seiten
ISBN 3-938764-01-5

Preis: 14.80 Euro

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