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Peakoil Reloaded

Kapitel 15


  
Ende Mai näherte sich Alices Urlaub selbst in seiner gestreckten Form als Halbtagsurlaub dem Ende. Die Fahrt nach Stuttgart wurde unausweichlich. Alice zog sich der Magen zusammen, wenn sie daran dachte, einen Zug zu besteigen. Ihre Angst wurde noch vergrößert, weil sich in der Zwischenzeit zwei weitere, wenn auch kleinere, Zugunfälle ereignet hatten. Zugfahren war zu einer gefährlichen Angelegenheit geworden.

Was mach ich nur? Ich kann doch nicht meinen Job riskieren, nur wegen dieser blöden Zugangst. Ob ich vielleicht einen Bus finde, der nach Stuttgart fährt? Sowas Dummes! Dabei sind Busse gar nicht ungefährlicher. Deren Gefahr ist nur schon länger bekannt. Nur, weil ich noch keinen Busunfall erlebt habe, fehlt mir die Angst davor. Ach, ich Esel.

Doch dann kam endlich mal wieder ein Tanklaster mit einer Treibstofflieferung und brachte Alice einer Lösung näher.

Kaum hatte es sich in der Umgebung herumgesprochen, dass die Tankstelle Diesel zu verkaufen hatte, bildete sich eine lange Schlange vor der Zapfsäule. Die ganze Familie hatte alle Hände voll zu tun, um dem Ansturm Herr zu werden. Alice hielt den Zapfhahn fast nonstop in der Hand und befüllte die Tanks der Kunden. An Selbstbedienung war nicht zu denken, damit möglichst viele Kunden bedient werden konnten.

Ein Kunde mit einer älteren Limousine starrte Alice empört an, als sie nach zwanzig Litern aufhörte, den Tank zu befüllen.

"He, ich brauche mehr Diesel. Unbedingt!"

"Alle Kunden bekommen maximal zwanzig Liter. Schauen Sie sich doch mal die Warteschlange an! Die wollen alle tanken."

"Ja, aber ich muss unbedingt nach Stuttgart und natürlich wieder zurück. Bitte tanken Sie voll!"

"Nach Stuttgart fahren Sie? Können Sie mich mitnehmen?"

"Ein Plätzchen dürfte noch frei sein. Aber auf der Rückbank. Der Beifahrersitz ist schon besetzt. Außerdem brauche ich natürlich eine Spritkostenbeteiligung. Und natürlich einen vollen Tank. Seien Sie doch so gut."

Ach, jetzt wittert er wohl Morgenluft und wird ganz charmant. Na ja, ist ja in meinem Interesse. Mit dem Auto fahre ich viel lieber, als wieder in einen Zug zu steigen.

"Ok, machen wir eine Ausnahme. Sie bekommen meinen Spritanteil. Aber erst, wenn es los geht. Wann soll es denn soweit sein?"

"Übermorgen. Sie sind ein Schatz! Ich hole Sie dann gegen elf Uhr ab."

"Alles klar! Bis übermorgen um elf. Aber jetzt müssen Sie drinnen erst mal zahlen. Der nächste bitte auf der anderen Seite!"

Der Trubel hielt an bis die Sonne unterging. Dann waren die Dieselvorräte der Tankstelle fast erschöpft. Bis auf die halbe Tankfüllung, die Alice ihrer Mitfahrgelegenheit zugesagt hatte. Der Preis für diesen Treibstoff riss ein schmerzhaftes Loch in ihre Finanzen.

Wenn ich wieder in Stuttgart bin, muss ich wohl mal einen Teil meiner Ölanlagen verkaufen, um wieder flüssig zu sein. Wie schade!

Die Zeit bis zur Abfahrt verging schneller als Alice lieb war. Noch einmal arbeitete sie mit ihrem Vater im Garten, genoss die sprießenden Pflanzen und half ihrer Mutter noch einmal in der Küche. Von den Leuten des Hippie-Hofs hatte sie nichts mehr gehört. Merkwürdig, dass ich an die denke. Dabei kenne ich die doch kaum. Es gibt auch keinen Grund, warum ich einen von denen vor meiner Abfahrt noch mal sehen sollte. Seltsam, was mir manchmal durch den Kopf geht.

Am übernächsten Tag stand der Stuttgartfahrer pünktlich vor der Tankstelle. Unter Tränen nahm Alices Mutter von ihr Abschied. Ihr Vater klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter.

Das Auto war voll beladen, sodass Alice ihre Reisetasche auf den Schoß nehmen musste. Die Beifahrerin stank entsetzlich nach einem aufdringlichen Parfüm und der andere Passagier auf dem Rücksitz nach Schweiß, den er wohl schon seit Tagen nicht mehr abgewaschen hatte. Alice bemühte sich, möglichst flach zu atmen und fragte sich, ob eine Fahrt im Zug nicht doch besser gewesen wäre. Ansonsten verlief die Fahrt aber erfreulich ereignislos. Schon nach etwas über zwei Stunden konnte Alice vor ihrer Wohnung aussteigen.

Alice fühlte sich ganz ungewohnt, wieder vor ihrem Wohnblock zu stehen und über Stuttgart zu blicken. Merkwürdig, dass ich hier zu Hause bin. Alles wirkt so kalt. So viele Häuser auf einem Haufen. Ach, was solls? Ich werde mich wieder daran gewöhnen.

Sie öffnete den Briefkasten, der aus allen Nähten quoll. Die Briefe stopfte sie in ihre Reisetasche und die Werbung, die trotz Bitte-keine-Werbung-Hinweis eingeworfen worden war, schmiss sie in den bereitstehenden Papierkorb.

Immer zwei Stufen auf einmal nehmend erstieg Alice die Treppen zu ihrer Wohnung. Sie öffnete die Tür und war angewidert, als ihr die abgestandene Luft entgegenschlug. Am liebsten hätte sie sofort wieder kehrtgemacht. Doch sie betrat tapfer ihre Wohnung und öffnete zuerst alle Fenster, um frische Luft einzulassen. Dann verknotete sie den Müllbeutel in ihrer Kochnische, denn diesen hielt sie für die Quelle des leicht muffigen Geruchs. Stell dich doch nicht so an, wegen so ein bisschen Mief. So riecht eine Wohnung nun mal, wenn man sechs Wochen nicht zu Hause war. Da ist überhaupt nichts besonderes dran. Die geöffneten Fenster werden es schon rausreißen. So, jetzt erstmal einen Kaffee kochen, um richtig anzukommen.

Mit dem Kaffee in der Hand setzte sich Alice an ihren Schreibtisch und holte die Post aus ihrer Tasche. In ihrer Abwesenheit hatte sich eine Menge angesammelt. Vor allem lästige Rechnungen. Doch die meisten waren automatisch abgebucht worden und mussten nur zur Kenntnis genommen worden. Dann war da eine Einladung zu einer Party, die längst vorbei war und eine alberne Ostergrußkarte von einer Internetbekanntschaft. Nichtsdestotrotz musste Alice schmunzeln, als sie sich den drolligen Hasen anschaute.

Und dann war da ein mysteriöser Brief von ihrem Vermieter. Etwas dicker als normale Briefe. Was der wohl von mir will? Der schreibt mir doch sonst keine Briefe. Ah, na klar, das ist die Nebenkostenabrechnung für das letzte Jahr.

Oh, Schreck! Nein! Das kann nicht sein!


Peakoil Reloaded

Twilight in the Desert. The Coming Saudi Oil Shock and the World Economy
von Matthew R. Simmons

Jenseits des Ölgipfels
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Peakoil Reloaded
Peakoil Reloaded

136 Seiten
ISBN 3-938764-00-7

Preis: 14.80 Euro

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