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EMP - Ein Survivalroman

Kapitel 22


  
Die ganze Nacht hatte ich im Traum störrische, harte Erde umgegraben und war doch kaum weitergekommen. Als ich aufwachte, war mir sofort klar, dass es an diesem Tag viel zu tun geben würde. In meine Gedanken, die sich mit dem Ausbau des Gartens beschäftigen, woben sich Gedanken an unsere Kinder, und ich fragte mich, ob und wann sie wohl kommen würden. Der Weg von Berlin und München war wirklich weit, vor allem in Zeiten wie diesen. Wie sollten sie überhaupt die weite Strecke überwinden, ohne Verkehrsmittel und mitten durch das ganze Chaos.

Beim Frühstück sprach ich Felix auf diese Gedanken an und er antwortete: "Darüber würde ich mir an deiner Stelle zur Zeit nicht soviele Gedanken machen, denn du kannst es ja doch nicht ändern. Ronja und Ulli kommen her, wenn sie es wollen und schaffen. Auf die Wegelagerer unterwegs haben wir leider keinen Einfluss. Aber ich kann mich ja mal im Netz und im Radio umhören, ob ich Informationen über den Zustand von Städten und Verkehrsverbindungen finde."

"Das ist lieb von dir. Es macht zwar wohl keinen echten Unterschied, aber es gibt ein besseres Gefühl, zu wissen, ob man überhaupt durchkommen kann. Hach, das waren noch Zeiten, als man einfach mal so anrufen konnte, ob alles in Ordnung ist."

"Sie sind ja erwachsen. Ronja wird bald 26. In dem Alter hast du dich bestimmt nicht mehr als hilfloses Kind gefühlt.", versuchte Felix mich zu trösten. Ich nickte und wischte meine Augen trocken.

Nach dem Frühstück ging ich zuerst in den Garten, um eine Runde umzugraben. Dabei konnte ich mir den Garten auch immer wieder anschauen und dabei allmählich meinen zukünftigen Gartenplan entwickeln. Mein Blick fiel öfters auf das grosse Stück Wildnis, das wir für den Gemüseanbau vorgesehen hatten. Da hatte ich echt noch viel vor mir. Aber was ich nicht vor dem Winter schaffen würde, könnte ich dann eben einfach nächstes Frühjahr umgraben. So hatte ich das sowieso meistens gehandhabt und es hatte bisher immer funktioniert. Früher war aber auch alles anders gewesen, weil wir nicht auf das Gemüse angewiesen gewesen waren. Diese neue Notwendigkeit zerrte ordentlich an meinen Nerven, was ich aber eigentlich als Unsinn erkannte, denn ich hatte ja schon jahrelang geübt und es würde schon ordentlich wachsen im nächsten Jahr.

So werkelte ich mich durch den Vormittag und als ich genug geackert hatte, ging ich noch in die Gewächshäuser, wo schon die ersten kleinen Keimlinge der Rüben zu sehen waren. Ich war gespannt, ob die noch gross werden würden. Im Gewächshaus hatten sie aber bestimmt mehr Chancen, als draussen. Den Tieren ging es auch gut und langsam gewöhnte ich mich an die neuen Mitbewohner und regelmässige Fütterbesuche. Auf dem Hof konnte man das Heu schon wieder wenden, was ich auch sogleich in Angriff nahm, denn nach dem schweren Umgraben, schien mir diese Arbeit, wie mit Federn spielen.

Felix hatte sich unterdessen wieder dem Holz gewidmet und wir trafen uns in der Küche zu einem kleinen Imbiss. Er erzählte mir, dass er auf seiner Morgenrunde im Netz einen Forenbeitrag von CityGuy entdeckt hätte und dass es ihm wohl halbwegs gut ginge. Dabei glitzerte es fröhlich in seinen Augen. Neugierig geworden, ging ich gleich ins Büro, um es mir selber anzusehen. Sein Beitrag stand im allgemeinen Forum.

"hi folks

das mit dem strampelstrom klappt inzwischen ganz gut. bestimmt bin ich bald mega-sportlich.

eure datenbank ist ja klasse. mit der kann man sich ja sogar unterhalten. hab ich per zufall entdeckt. da hab ich immer zwischen chatfenster und datenbanksuche hin- und hergewechselt und dann aus versehen mit der datenbank gechattet und sie hat geantwortet, als wäre sie ein schlauer mensch. ihr könnt euch bestimmt vorstellen, wie erstaunt ich war, als ich meine verwechslung entdeckte.

und ich bin echt froh, dass ihr auch eine rubrik fürs überleben in der belagerten stadtwohnung habt. da hab ich echt ein paar gute tipps gefunden, die mir das leben erleichtern. die rubrik über flucht ziehe ich mir aber auch grad rein, denn ich glaube, dass ich bald hier weg will.

aber vielleicht könnte ich auch ein business als netzknoten aufmachen ;-)
ob sowas wohl ne chance hat?

bis denne CityGuy"

Felix hatte schon am Morgen eine kurze Antwort dazu geschrieben: "Wenn du Mikrofon und Lautsprecher hast, probier es doch mal mit folgender Adresse." Darunter stand die Netzadresse zu unserer sprechenden Datenbank, die aber noch in den Kinderschuhen steckte. Jetzt war mir auch klar, warum CityGuys Beitrag dieses Funkeln in Felix Augen gezaubert hatte. Er liebte es einfach, wenn jemand die Genialität seines natürlichsprachlichen Datenbank-Interfaces bemerkte. Das war schliesslich seine ganz grosse Leidenschaft. Die Verbreitung dieser Errungenschaft würde jetzt natürlich gewaltig ins Stocken geraten, wo die Menschen um das nackte Überleben kämpften. Dafür hatte sich Felix wirklich erstaunlich tapfer mit der neuen Situation abgefunden. Das war eine Eigenschaft, die ich an Felix besonders bewunderte, dass er sogar noch ausgeglichen blieb, wenn sein Lebenstraum für die nächsten Jahre quasi in Trümmern lag. Aber an den langen Winterabenden würde er bestimmt genug Zeit finden, um sich der Weiterentwicklung zu widmen.

Als ich Felix darauf ansprach, sagte er: "Daran habe ich auch schon gedacht, aber ich glaube, ich werde den Winter unter anderem nutzen, um die Unkraut-Roboter weiterzuentwickeln. Denn wenn ich so sehe, mit welchem Eifer du den Garten vergrösserst, wirst du dich bestimmt im Sommer freuen, wenn dir die kleinen solarbetriebenen Kerle bei der Gartenpflege helfen. Ich hab da auch schon ein paar Ideen, wie ich das mit dem vorhanden Material hinkriegen kann." Einfach unglaublich, dieser Typ, dachte ich mir. Kein Wunder, dass ich mich schon seit vielen Jahren so wohl mit ihm fühlte.

Weil ihm das Handgelenk von der Verstauchung noch etwas weh tat, wollte Felix nachmittags mit dem Holzhacken pausieren und stattdessen mal wieder ins Dorf fahren, um zu schauen, ob dort alles mit rechten Dingen zuging. Ich hatte mir für den Nachmittag die Verlegung der Wasserrohre für unsere Wasserversorgung vorgenommen. Mit der Verlegung für die Gemüsebeete war ich schliesslich auch gut klargekommen, darum traute ich mir das auch durchaus für Versorgung des Hauses zu. Natürlich würde ich die Rohre erstmal einfach obrirdisch und provisorisch verlegen. Eingraben konnten wir sie dann immernoch.

So hängte ich mir das biegsame Rohr zusammengerollt wie einen wuchtigen Formel-1-Siegerkranz über Schulter und Oberkörper, nahm das Zubehör und die Werkzeuge in die Hände und stapfte zur vorgesehen Abzweigestelle der vorhandenen Rohrleitungen.

Felix schwang sich auf sein Fahrrad und radelte los. Beim kleinen Dorf angekommen, sah er den alten Bauern Gugel vor seinem Haus stehen und mit zwei jungen Männen reden und wild gestikulieren. Im kleinen Dorf schien sich etwas geändert zu haben. Felix begrüsste die drei Männer höflich und der alte Bauer schien erfreut, ihn zu sehen.

"Darf ich vorstellen? Herr Hufschmied und Herr Friedrich vom Nachbarhof. Leider heisst Herr Hufschmied nur so und kennt sich mit der Schmiederei nicht aus, denn einen guten Schmied könnten wir hier gut gebrauchen.", Bauer Gugel nahm kein Blatt vor den Mund und die beiden vorgestellten jungen Männer sahen auch leicht verunsichert aus. Felix stellte sich auch vor und begrüsste die beiden herzlich.

Herr Hufschmied war ein sehr schlanker, mittelgrosser Mann mit Brille, der wahrlich nicht wie ein Schmied aussah. Er sagte: "Wir wohnen dahinten in dem Hof mit dem angefangenen Swimming-Pool. Jetzt werden wir wohl Bauern werden müssen." Dabei wirkte er ziemlich verloren und ängstlich.

Der andere junge Mann, der als Herr Friedrich vorgestellt worden war, stiess Herrn Hufschmied aufmunternd gegen die Schulter und sagte: "Keine Sorge Martin, das schaffen wir schon irgendwie." Martin Hufschmied lächelte seinen Freund tapfer an und nickte. Als Felix versprach, mit KnowHow weiterzuhelfen, wurde das Lächeln noch ein wenig zuversichtlicher.

"Bauer Gugel hat uns freundlicherweise auch schon erklärt, was wir jetzt am besten zuerst machen, um über den Winter zu kommen." berichtete Herr Friedrich. Der Blick von Bauer Gugel ruhte wohlgefällig auf dem jungen Mann. Es schien ihn zu freuen, dass sein altes Wissen wieder gefragt war.

Weil Felix den Eindruck hatte, dass die neuen Bewohner unter Bauer Gugels Obhut sehr gut untergebracht waren, verabschiedete er sich bald, um zum grossen Dorf weiter zu fahren.

Direkt vor dem grossen Dorf stiess er auf einen bewaffneten Dorfbewohner, den er flüchtig aus der Kneipe kannte. Dieser hielt ihn an und fragte nach seinem Begehr.

Felix sah ihn erstaunt an und sagte: "Ich komme von dem Einzelhof oben auf dem Berg. Sie kennen mich doch, oder?"

"Ja, schon", sagte der andere, "Aber wir kontrollieren jetzt jeden, der ins Dorf will. Gestern wollten Plünderer eindringen und erst als sie die Flinte von Jäger Behr sahen, sind sie wieder abgezogen. Jetzt stehen wir an den Ortseingängen Wache. Mit der Trillerpfeife hier kann ich im Handumdrehen Verstärkung herbeirufen."

"Das halte ich für eine sehr vernünftige Idee.", lobte Felix, "Was muss ich jetzt noch tun, damit Sie mich durchlassen?".

"Sie können schon durch. Ich kenn Sie ja. Im goldenen Hirsch ist heute mächtig was los. Eine Dorfversammlung ist einberufen worden. Sie können ja mal vorbeischauen.", schlug der junge Wächter vor. Da Felix sowieso zuerst in die Kneipe gehen wollte, griff er den Vorschlag gerne auf.

In der Kneipe war tatsächlich viel Betrieb. Ein Mann stand in der Mitte, wo ihn alle sehen konnten. Felix erinnerte sich vage, dass es sich bei diesem Mann wohl um Bürgermeister Schmidlin handelte. Herr Schmidlin hielt eine Ansprache, in der er alle zum Zusammenhalten aufrief. Eine Bestandsaufnahme sollte gemacht werden, um den Winter und das nächste Jahr zu planen. Es gab mehrere Listen, in die man sich eintragen konnte. Drei Listen waren für vorhandene Vorräte vorgesehen. Eine für Leute, die zuwenig hatten, um durchzukommen, eine weitere für die, die selbst klarkamen und die dritte für diejenigen, die Überschüsse oder Lagerbestände hatten, wie zum Beispiel die Eberles mit ihrem Getreide.

Die Lager würden besonders bewacht werden und im Gegenzug würden die Besitzer einen Teil der Lagerbestände der Gemeinde für Notleidende zur Verfügung stellen. Mit dem Rest konnten sie freien Handel treiben. Die Besitzer der Lagerbestände waren darüber zwar nicht sehr glücklich, aber sie waren froh, dass die Vorräte bewacht werden sollten und dass ein Teil an die Armen gehen sollte, war irgendwie auch einzusehen.

Weitere Listen waren ausgelegt, wo jeder eintragen konnte, was für Fähigkeiten und Gerätschaften er einbringen konnte.

Felix trug sich in die Liste der Leute, die selbst klarkommen ein und schrieb in die anderen Listen, dass er KnowHow in Basis-Technologie einbringen konnte. Ausserdem notierte er das Notfall-Netz und die Möglichkeit der Überwachung per Webcam.

Im allgemeinen Getümmel arbeitete er sich bis zum Bürgermeister durch und fragte ihn, ob es im Dorf jemand gäbe, der mit Funk Erfahrung hatte. Der Bürgermeister neigte den Kopf und sagte nach kurzem Überlegen: "Der Thomas Lehmann hat früher mal gefunkt. Vielleicht steht bei ihm noch was im Keller rum. Da hinten in der Ecke steht er. Der grauhaarige mit der Brille, der sich grad mit dem kräftigen Herrn unterhält.". Felix bedankte sich und bahnte sich den Weg zu den beschriebenen Herren. Er stellte sich vor und fragte Herrn Lehmann nach seiner Funkausrüstung.

"Jo, die müsste noch im Keller liegen, hab ich lange nicht benutzt.", sagte Herr Lehmann.

"Ist sie zufällig in einer Metallkiste untergebracht?", fragte Felix.

"Woher wissen Sie das? Ja, die Anlage liegt bei mir immer in einer Metallkiste. Aber ich weiss nicht, ob sie noch tut. Sie ist schon über zwanzig Jahre alt.", wandte Herr Lehmann ein, "Und wofür brauchen Sie die überhaupt?".

"Oh, ich brauche die gar nicht. Aber wir haben noch einige Webcams übrig. Mit denen könnte man die Dorfeingänge zusätzlich überwachen. Uns fehlt aber eine zusätzliche Funkanlage, die man braucht, um die Bilder hier zu empfangen. Wir haben nur eine Anlage für uns. Wenn Ihre Anlage schon so alt ist, ist es umso besser. Das und vor allem die Metallkiste erhöhen die Chance, dass die Anlage noch funktioniert." antwortete Felix.

"Na das wär mir aber eine grosse Freude, wenn mein altes Funkgerät nochmal gebraucht werden würde. Das sollten wir gleich dem Herrn Bürgermeister sagen." schlug Herr Lehmann vor, ergriff Felix am Oberarm und zog ihn in Richtung Bürgermeister. Dieser war sehr angetan von der Idee mit der Dorfüberwachung.

In seinem Eifer lud Herr Lehmann Felix gleich zu sich nachhause ein, um die Funkanlage zu besichtigen. Anscheinend freute er sich sehr, dass er mit seiner Anlage etwas für das Dorf beitragen konnte. Felix erinnerte sich dunkel, den Namen Lehmann auf der Liste der Vorratslosen gesehen zu haben. Bei seinem kleinen Haus angekommen, stellte Herr Lehmann Felix seiner Frau vor, die sich mühsam vom Sofa erhobt und einen Kaffee anbot. Felix lehnte ab, mit der Begründung an diesem Tag schon genug Kaffee getrunken zu haben. In Wirklichkeit wollte er den alten Leuten aber nicht ihren letzten Kaffee wegtrinken.

Herrn Lehmann schien das auch ganz recht zu sein, denn es drängte ihn in den Keller. Im Licht einer flackernden Kerze ging er zielstrebig auf eine leicht angerostete Kiste zu, auf der erstaunlicherweise kein Flöckchen Staub lag. Felix dachte sich seinen Teil. Im Nu war die Kiste geöffnet und Herr Lehmann präsentierte stolz seine Funkausrüstung. Sie sah wirklich alt aus, aber ansonsten hervorragend gepflegt. Gemeinsam trugen Felix und Herr Lehmann die Kiste ins Erdgeschoss. Sorgfältig baute Herr Lehmann seine Anlage auf, nicht ohne beim Auspacken hin und wieder liebevoll über die Geräte zu streichen.

"Ach ich alter Esel. Wir haben ja gar keinen Strom." rief Herr Lehmann aus, nachdem er alles aufgebaut hatte.

"Haben Sie vielleicht ein Auto mit Autobatterie?" fragte Felix.

"Ach ja, natürlich. Eine Autobatterie haben wir wohl schon in unserem Auto.". Herr Lehmann ging zu einer Werkzeugkiste, die in der Küche stand, griff sich einen Satz Schraubenschlüssel und winkte Felix nach draussen. Dort gingen sie zu einem alten VW Golf und schraubten die Batterie heraus. Felix hoffte, dass sie noch geladen war. Sie gingen wieder ins Haus und schlossen die Funkanlage an die Batterie an. Herr Lehmann schaltete das Funkgerät an und zur grossen Freude beider Männer leuchtete ein Lämpchen auf und es fing an zu rauschen und zu fiepen.

Felix änderte die Frequenz, nachdem Herr Lehmann ihn dazu aufgefordert hatte. Als er die Frequenz seines Notfall-Netzes eingestellt hatte, wurde das Rauschen deutlich lauter. Viel mehr konnte er auch nicht erwarten, weil das Netz ja Daten und keine Sprache sendete. Das Rauschen schien ihm noch nicht laut genug, daher wollte er die Antenne etwas besser ausrichten.

Suchend blickte er sich in der Küche um, aber wie immer hatte er keine Vorstellung davon, in welcher Richtung sein Hof lag oder wo Norden war. Das war mal wieder der leidige Familien-Fluch der Orientierungslosigkeit. Wo er doch sonst in kaum einer Hinsicht unfähig war. Etwas verlegen fragte er Herrn Lehmman wo Norden sei. Herr Lehmann zeigte es ihm und wirkte etwas verwundert.

Dank Richtungsangabe konnte Felix die Antenne aber recht schnell besser ausrichten und das Rauschen wurde noch erheblich lauter. "Hören sie, wie laut es hier rauscht? Das ist unser Funk-Netz. Da werden Daten ausgesendet, darum rauscht es nur. Aber es zeigt ganz deutlich, dass Ihr Funkgerät funktioniert. Ich werd mir in den nächsten Tagen mal Gedanken machen, wie wir eine Dorf-Warnanlage aufbauen können. Dann werde ich mich wieder bei Ihnen melden." sagte Felix.

Sehr zufrieden wirkend blickte Herr Lehmann auf sein Funkgerät und stimmte Felix Vorschlägen zu. Felix dachte bei sich, dass er sich auch bald eine Lösung für das Aufladen der Autobatterie ausdenken müsste, denn Herr Lehmann würde jetzt bestimmt noch längere Zeit mit seinem Funkgerät verbringen und die Batterie wäre wohl bald leer. Aber für die Dorf-Warnanlage brauchte man sowieso dauerhaften Strom.

Auch Felix war recht zufrieden, als er sich vom Ehepaar Lehmann verabschiedete. Sogar die gehbehinderte Frau Lehmann schien erfreut, dass ihr Mann sein altes Hobby wiederentdeckt hatte.

Bevor er das Dorf verliess, fiel Felix im letzten Moment noch ein, dass er ja für das Los Holz im Wald noch zusagen wollte und so ging er noch mal in die Kneipe, wo er den Zuständigen vermutete. In der Kneipe konnte er nicht nur die Angelegenheit mit dem Holz klären, sondern traf auch Herrn Eberle, der Felix liebe Grüsse für seine Frau auftrug, denn Frau Eberle würde es schon viel besser gehen. Sie hatte wohl wieder neuen Mut gefasst.

Auf dem Heimweg traf er wieder den Wächter, der sich freute, die Neuigkeiten von der Versammlung zu hören. Eine Weile später erreichte Felix das kleine Dorf und hielt vor Bauer Gugels Hof, um die Milch zu holen. Die Bäuerin bot ihm ausser der Milch auch noch Frischkäse und Butter an, was Felix gerne annahm. Sie sagte dazu: "Wir wollen jetzt unser Angebot erweitern, weil ja anscheinend wieder mehr Bedarf besteht. Und die alte Molkerei ist ja noch da. Ich musste da nur mal gründlich saubermachen. Schade nur, dass wir keinen Jogurt machen können, denn wir haben keine Jogurtkulturen.".

"Oh, da könnten wir Ihnen aushelfen. Wir züchten Jogurt, aber es ist immer mehr, als wir verbrauchen können. Darum würde ich gerne Ihnen die Jogurtkultur überlassen. Bei Ihnen lohnt sich das eher. Wenn sich das dann bei Ihnen eingespielt hat, könnten wir unseren Jogurtbedarf auch bei Ihnen decken.", bot Felix an. Frau Gugel war begeistert und bot Felix gleich noch eine Butter an, die Felix aber mit dem Hinweis ablehnte, dass die neuen Nachbarn bestimmt einen viel dringenderen Bedarf hatte.

Auf dem Weg nach oben liess Felix die Erlebnisse durch den Kopf gehen. Die Notsituation schien nicht für alle schlecht zu sein. Einige vor allem ältere Leute blühten förmlich auf. Ihr altes Wissen war auch auf einmal wieder gefragt und sie fühlten sich nicht länger wie unütze Überbleibsel. Nach einem anstrengenden Anstieg kam er endlich wieder zuhause an.

Ich hatte inzwischen die Rohre soweit verlegt, dass man direkt neben dem Kücheneingang aus einem provisorischen Hahn fliessend Wasser abzapfen konnte. Felix lobte mich angemessen und erzählte mir dann drinnen beim Abendessen von seinen Erlebnissen. Über den Quark und die Butter freute ich mich sehr, denn bisher war ich noch nicht dazu gekommen, das Buttermachen selbst in Angriff zu nehmen und wenn die Bäuerin das stattdessen für viele Leute machte, war das eine erheblich bessere Lösung.

Nach dem Essen gingen wir gemeinsam ins Büro, um uns mal wieder unserem Netz zu widmen.

Im allgemeinen Forum war eine hitzige Diskussion darüber entbrannt, ob es möglich sei, die Situation in einer Grossstadt zu überstehen. Manche waren der Meinung, dass man nur auf dem Land überleben könne und dass Flucht die einzige Lösung für Stadtbewohner sei. Andere hingegen waren überzeugt, dass es mit etwas Glück und viel Flexibilität durchaus möglich sein müsste, in der Stadt zu überleben.

Dass ein Funknetz-Standort in Frankfurt eine wertvolle Sache wäre, darin waren sich alle einig. CityGuy selbst schrieb, dass er sich sehr über die Unterstüzung freuen würde, und dass er wohl noch mindestens einen Tag Zeit zum Überdenken bräuchte. Inzwischen sammelten sich auch immer mehr Ideen zum Überleben in der Grossstadt im Forum an. Einer verwies auch auf den Frankfurter Hafen, wo wahrscheinlich einiges an Nahrungsmitteln lagerte. Fragte sich nur, wie jemand wie CityGuy da rankommen sollte.

Insgesamt war der Tag recht erfreulich verlaufen und wir waren in vielerlei Hinsicht weitergekommen mit der Umstellung auf das neue Leben. Daher fühlte ich mich auch recht wohl und konnte mich etwas zuversichtlicher als am Tag zuvor ins Bett legen.

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